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Und drüben über den Dächern
wabert rosafarben Ektoplasma
Akkumuliertes Restmaterial
zerfetzter Seelen
Seit Äonen schon
im Transit
Niemand muss Angst haben vor der Zukunft.
[Dezember 2006]
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[…] Figur: Was zunächst unmöglich scheint, ist am Ende vielleicht doch möglich. In unserem Fall: einen ROMAN AUS FRAGMENTEN zu konzipieren, einen FRAGMENTARISCHEN ROMAN. […]
Roland Barthes – Die Vorbereitung des Romans
]]>Nackte Füße auf dem Waschbeton der Terrasse, vorhin noch die Finger an den Cocktailgläsern, die Worte an den Gedanken festgesaugt, der Rauch, die Gesichter, und den ganzen Tag durch die Stadt gefahren – mein Gott, bin [ich] betrunken.
Sag, [ich] weiß, das alles ist überflüssig und ist es nicht, doch das Wahrhaftige ist ganz woanders, und [ich] weiß, wo es sich versteckt. [Ich] habe nichts mehr zu verbergen, [ich] sah dies alles, und [ich] weiß auch, was noch weiter sich verbirgt, hinter den Gesichtern und den Muskulaturen und den Geräuschen des Lachens und der Liebe. Nichts mehr wird sich verstecken können. Und alles bleibt unerkannt.
Im Bereich des Barocken schloss man mit Magna cum laude ab. Im Bereich der Liebe bleibt das Unerkannte. Zeig dein Gesicht, in Dunkelheit. [Ich] kann es sehen, das alles.
]]>Einmal belauschte ich ein Gespräch, das Frau Eggers mit dem Geschäftsführer des Grill Royal, einem dicklichen Herrn im rosa Hemd, auf dem Flur führte. Ich verstand nicht viel, außer dass man sehr zufrieden mit dem Verlauf der Unternehmung sei und darüber nachdachte, das Konzept international auszubauen. Soweit ich es bisher rekonstruieren konnte, schrieb ich unter anderem wohl “die Geschichte eines Mädchens, das mit 13 seine Mutter an den Suff verloren hat, das nach Berlin geht, zu ihrem Vater, einem Theaterintendanten, das die Schule schwänzt”, welche teilweise wohl frappierende Ähnlichkeit mit den Texten eines Berliner Webloggers, dessen Name mir jetzt nicht mehr einfällt, haben soll; des weiteren “ein Generationenporträt und den Roman eines Lebensgefühls: die Geschichte der ersten echten Krise im Erwachsenenleben, erzählt als Roadstory”; einen Roman, der beweist, “dass man ein gutes Buch nicht vortäuschen kann. Man braucht dafür sprachliche Fähigkeiten und eine interessante Geschichte. […] Dieses hier liest sich jedoch wie das eilig hingeworfene Drehbuch zu einer Fernseh-Vorabendserie”; einen Text über den deutschen Kriegseinsatz in Afghanistan, der laut Ingeborg Harms “dank seines Deadpan-Humors […] eine Poesie der Wahrhaftigkeit entfaltet” und dessen “streng gefügte Prosa […] das Erbe der Klassik neu durchdenkt”; sowie ein multifunktionales Werk, das zugleich “Reiseroman, Businessplan, Misserfolgsgeschichte und Hochstapelei ist. Bei aller Verspieltheit bleibt jedoch der ernste Kern, tatsächlich auf eine Ästhetisierung der Welt zu zielen.” Schade, dass mir nicht mehr das Geringste davon noch geläufig ist.
Irgendwann dann fand ich mich, nur bekleidet mit ledernen Schlappen und einem Pyjama aus dem Hause Brooks Brothers, in Freiheit wieder und muss sagen, dass mich doch von allen verpassten Ereignissen am meisten die Art und Weise sowie die Gründlichkeit bewegen, auf die und mit der sich der Suhrkamp-Verlag inzwischen selbst abgeschafft hat.
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Aus angrenzenden Wohnungen das distinkte Murmeln der Fernsehgeräte, Sprachmelodie und Duktus sind erkennbar, man kann jedoch die Worte nicht verstehen. Manchmal stelle ich in einem der anderen Zimmer Musik an, Kinderchöre und Klavier, so dass die Töne wie von weit durch die Nacht kommen, und man weiß nicht woher.
Man kann wochenlang mit der Schwebebahn umherfahren, ohne aussteigen zu müssen. Postsendungen werden an den entsprechenden Stationen eingereicht, Nachrichten kommen über Draht.
]]>Nur in einem Seitenflügel brannte Licht, und man hörte leise Geräusche durch die offenstehende obere Hälfte einer Holztüre, wie man sie aus Pferdeställen kennt. Dahinter verbarg sich jedoch kein Pferd, wie das lyrische Ich dieses Textes sah, nachdem es aus dem Wagen gestiegen war und sich zaghaft, in der Hoffnung, vielleicht ein paar Informationen ergattern zu können, der Türe näherte, sondern ein riesiger Raum mit Holzbalken und alten Möbeln und Teppichen, in dessen Mitte eine blonde Dame mittleren Alters, ganz in Schwarz gekleidet und mit edlem Schmuck behangen, auf einem Fauteuil lag und eine Fernsehsendung mit Gregor Gysi verfolgte. Das war dann wohl das Burgfräulein.
Das lyrische Ich dieses Textes klopfte zaghaft an den Türrahmen und fragte leise, ob es wohl einmal kurz stören dürfe, hier hatte es doch mal ein Restaurant gehabt, wo dies denn hin verschwunden sei. Das Burgfräulein erschreckte kurz, fasste sich jedoch schnell und kam rasch zur Türe, um dann in gewählten Worten und sehr freundlich Auskunft zu geben, welche im Eigentlichen nur darin bestand, dass es eben schon lange kein Restaurant mehr gäbe, hier. Da ihm das Burgfräulein qualifiziert genug erschien, in solcherart Dingen firm zu sein, wovon schon das kleine Bäuchlein kündete, das sich unter seinem Strenesse-Pullover abzeichnete, fragte das lyrische Ich dieses Textes es daraufhin forsch, ob es denn vielleicht von einer Restauration in der Nähe wüsste, in der einem gute rheinische Kost aufgetragen würde. Dies bejahte das Burgfräulein halbwegs freudig und schickte die beiden Reisenden drei Orte weiter, zurück, rheinaufwärts, hierhin.
Und siehe da, das Burgfräulein hatte mehr als recht. Gegenüber von Andernach, dem Geburtsort Charles Bukowskis, der sich am anderen Ufer unter eine abstruse Science-Fiction-Autobahntrasse kauerte, die man in übermenschlicher Anstrengung auf riesigen Betonpfeilern in den Berghang konstruiert hatte, kamen unsere beiden Reisenden endlich zur Ruhe und durften sich an riesigen Portionen rheinischer Hausmannskost laben, nicht ohne vorher von einer älteren Dame in der Ecke entrüstet auf die örtliche Trinketikette hingewiesen worden zu sein, nachdem das lyrische Ich dieses Textes es gewagt hatte, ein zuckerhaltiges Erfrischungsgetränk zu seinem Winzersteak bestellen zu wollen. Kaum war dies ausgesprochen, kam von einem Tisch im hinteren Bereich des Gastraumes ein Schrei: „Was?! Cola?! Hier, im Rheinland?! Zum Winzersteak?!“ Die Dame hatte natürlich völlig recht, das lyrische Ich dieses Textes neigte reumütig sein Haupt und bestellte schnell eine Weißweinschorle, denn zur Not gab es ja schließlich auch Taxis. Doch davon ein anderes Mal.
]]>Nur mal so am Rande: Wussten Sie eigentlich, dass das Hotel Raphael, in dem Wes Anderson im Jahre 2007 wiederum sein „Hotel Chevalier“ drehte, eben exakt jene Herberge ist, auf dessen Dach Ernst Jünger am 27. Mai 1944 dem Bombardement von Paris durch die englische Luftwaffe beiwohnte, ein Glas mit Hilfe von Waldfrüchten verfeinerten Rotweines in der Hand?
„Alarme, Überfliegungen. Vom hohen Dache des Raphael sah ich zwei Mal in der Richtung von St. Germain gewaltige Sprengwolken aufsteigen, während Geschwader in großer Höhe davonflogen. Es handelt sich um Angriffe auf die Flußbrücken. Die Art und Aufeinanderfolge der gegen den Nachschub gerichteten Maßnahmen deutet auf einen feinen Kopf. Beim zweiten Male, bei Sonnenuntergang, hielt ich ein Glas Burgunder, in dem Erdbeeren schwammen, in der Hand. Die Stadt mit ihren roten Türmen und Kuppeln lag in gewaltiger Schönheit, gleich einem Blütenkelche, der zu tödlicher Befruchtung überflogen wird.“
Ernst Jünger – Strahlungen
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