Kimya Dawson sitzt am Merchandisestand und bemalt T-Shirts mit Edding. Sie trägt eine filzige Mütze und ihr Gesicht ist geschminkt, Stupsnase und Schnurrhaare. Der Club ist nicht sehr voll, die Lichter sind rot und an der Decke dreht sich eine Diskokugel. Filmset, fast. Von Kaschemme zu Kaschemme haben wir uns gearbeitet, an diesem Abend. Beim Knodde gegenüber gab es Möhren mit Mett und Gulasch, hier nun hat es Reissdorf aus der Flasche und diese Independent-Cola-Plörre, die zwar politisch äußerst korrekt ist, jedoch sehr schlecht schmeckt. S. ruft an und fragt nach dem Stand der Dinge, er schreibt noch immer jeden Tag zwei Seiten, sehr strebsam. Springer wartet. Die Vorband, die einen deutsch klingenden Namen trägt, ist ein Fest, die daraufhin gekaufte CD jedoch ein schlecht produzierter Reinfall. Definitiv eine Liveband. Wohnzimmeratmosphäre dann bei Fräulein Dawson, ganz alleine auf der Bühne, zumeist, für zwei Lieder kommt ein Schlagzeuger vorbei, noch in Jacke, muss dann aber wieder weg. Später holt sie ein kleines blondes Mädchen zu sich herauf, ihr größter Fan hier, ebenfalls mit Schnurrhaaren im Gesicht. Zusammen singen sie das Lieblingslied des kleinen blonden Mädchens, und das ist sehr schön. Als zum großen Finale weitere Menschen die Bühne stürmen und wild umhertanzen, summt mein Handy und beim Blick auf das Display zieht sich mein Herz zusammen. Ich hebe nicht ab, lasse das nicht Gesagte verhallen. Weiß ich doch, wie es geklungen hätte. Diese Wunde hat noch lange geöffnet. Morgen nachmittag geht mein Flug.
Hier zu schreiben macht zur Zeit aus sehr vielen Gründen keinen Sinn, und jeden Tag kommen neue hinzu. Ich werde sie nicht aufführen. Deshalb nun endgültige Realisierung der angekündigten Pause. Wenn die Dinge anders sind, wird man es merken.
Als der Zug schließlich die Rheintrasse erreicht, ist es schon dunkel. Draußen ziehen Lichter Streifen; Straßenlaternen, Autos, die Aufbauten der Frachtschiffe. Ihre Farben sind bekannt. Die Loreley singt heute nicht, die Festbeleuchtungen der Burgen sind abgestellt. Im Abteil ist es still und leer. Am Bahnhof wird man erwartet, es ist warm, geradezu, ein kurzes Aufblitzen von Frühling. Im ehemaligen Großraumbüro gibt es Kölsch, die Hausdame hat gerade eine Quiche in den Ofen geschoben. Ruhe, ein wenig. Wir lassen die Tür zum Dach ein Stück weit offen, damit die nachreisende Seele hineinschlüpfen kann, nachts. Anderntags in den Proberaum, der beinahe fertig ist. Wir müssen uns Dinge in die Ohren stopfen, das Schlagzeug hat neue Felle, ich fummle Taschentuchfetzen unter meine lustige Mütze. Nach einem kurzen Hail to the Queens brennt der Marshall durch. Nebenan, in der Halle, erzählt der Fakir von Inhalationsmaschinen und Bratschläuchen. Investitionen in die Zukunft. Über dem Flusstal hängen tiefe Wolken, über den Dächern Regenschleier. Ich habe noch nicht nachts am Fenster gestanden und hinausgelauscht, noch nicht versucht zu sehen, was schon immer war, doch fast schon kann ich ihn ein wenig riechen, diesen Begriff, den man nicht nennen möchte.
klingt nach zu hause. warten sie mal, bis ich im mare crisium bin, dann lässt sich kryptische sicher noch steigern.
Ja. Bestimmt. Darauf freue ich mich schon. Kann es nie genug sein. Und ist es doch eigentlich gar nicht. Nie.
03.03.2005 - 00:18:03 Uhr
Deshalb.
Das ist ja fast unheimlich, wie sich die Erlebnisse gleichen, in Teilen. Frau Dawson hier anfang März, allerdings mit Support von Herman Düne. Schwervon-Badge noch an meiner Jacke, CD im Regal. Ich entschied mich für die zweite, die erste soll besser sein, höre ich.
Vielleicht ist es ja ein und derselbe Narr, der unser beider Leben träumt?