Landschaft, (un)lesbar
Weil man ja immer nur die Leerstellen, die nicht direkt beschreibbar sind, um-schreibt, kann ebenso eine Begleiterin erfunden werden, so man denn alleine reist. Beispielsweise. Wäre man tatsächlich zu zweit, so ist trotzdem jedes Schreiben darüber eines im Nachhinein und somit ebenso erfunden wie jeder Text ohnehin. Und natürlich noch ganz Anderes, mehr und auch. Einzug und Einbezug. Das Dritte, das neu entsteht. Amalgam. Trotzdem: sobald es Text wird, manifestiert sich eine Grenze. Unvollkommene Rätselhaftigkeiten, versteckt im Augenwinkel.
Zuerst diese Brücke, das Dorf in zwei Hälften teilend, von oberhalb, dann der Bahnhof ohne Bahnsteige; die, die aussteigen, wanken verzagt über rohe Schienen, ihren wartenden Gelegenheiten zu. Bespieltes Panorama, Glas, das keines ist. Im Ohr Nabokov, komplementär. Klarer Himmel, überall gefestigter Schnee. Stille Landschaft. Noch nie das Weiße so glitzern gesehen, schillern; helles Negativ diodenbesetzter Vorhänge, die in Vergnügungsparks Sternbilder imitieren. An den vereisten Wänden des einst durchsichtigen Wartehäuschens haben sich um die aufgeklebten Raubvögel Aureolen herausgeschmolzen, ob der Schwärze und der Sonne wohl. Die späteren Flusssenken hingegen sind unter dunklen Bäumen eisern erstarrt.
Autre Monde
[…] Es ist am interessantesten, dass das Wörtchen heimlich unter den mehrfachen Bedeutungen eine zeigt, in der es mit seinem Gegensatz unheimlich zusammenfällt. Das Heimliche wird dann zum Unheimlichen. Wir werden überhaupt daran gemahnt, dass "heimlich" nicht eindeutig ist, sondern zwei Vorstellungskreisen zugehört, die, ohne gegensätzlich zu sein, einander doch recht fremd sind, nämlich dem des Vertrauten, Behaglichen und dem des Versteckten, Verborgengehaltenen. Unheimlich ist nur als Gegensatz zur ersten Bedeutung, nicht auch zur zweiten gebräuchlich. Unheimlich ist irgendwie eine Art von heimlich. […]
Sigmund Freud - Das Unheimliche
Die ungewollte Winterpause ist vorüber, auch wenn man das vom deutschen Winter selbst leider nicht behaupten kann. Die Befindlichkeiten haben einen neuen Herbergsvater gefunden. Er ist milde, klug, gütig und freundlich und man wird sich sehr wohl fühlen, hier. Das kann ich jetzt schon versichern.
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Alsdann. Seit 09:27 Uhr wird zurückgeschrieben.
Und wehe, Sie schreiben über dänische Volksmusik oder Formularplanungen des Weltsekretariats. Außerdem ist Winter schön.
Höchstens so kryptisch, dass ich es selbst nicht mehr verstehe. Äh, also eigentlich nicht anders als sonst. Gut, Winter ist schön. Wenn es halt dann bloß nicht immer so kalt wäre. Warum denn nicht mal warmer Schnee?
Es gibt da einen sehr schönen Text vom Herrn Walser. Der Erzähler steht nachts vor einem brennenden Haus und nennt den Ascheregen die ganze Zeit über gleißenden Schnee. Aber ich befürchte, das meinten Sie gar nicht.
Nein, und natürlich doch. Genau das. Großartige brennende Städte. Es sollte jede Nacht ein Feuer geben.
Laut Text gibt es in dieser Stadt mehrere Feuer in einer Nacht, die so weit auseinander liegen, dass man niemals alle auf einmal zu sehen bekommt. Und dann natürlich die Sache mit dem Theaterbrand: Die Katastrophe des Theaters – das Theater der Katastrophe.
[Vielleicht lieber doch keine Pädagoginnen tätowieren, wenn schon, dann direkt die Fürsorgenazis. Oder wir könnten M. „Postmoderne“ auf den Bauch ritzen.]
Hähä. In Sütterlin. Völlig unlesbar, natürlich.
Fraktur fände ich schon wieder ironisch gebrochen genug. Hihi…oder als Arschgeweih.
Die Sonne, untergehend, das Licht, Zugfenster, Landschaft, Bewegung. Der Rhein steht ganz niedrig, ab Bingen, wo der Mäuseturm sich hinter verfallenden Bahnhofsgebäuden aufreckt, die Dachschindeln angestrahlt. Flussbett: Man sieht die hellen, feinen Steine, die Fahrrinne, und dort, wo Wasser in Vertiefungen zurückblieb, am Rand, spiegeln sich die Hügelkuppen in ihm, weil es ganz ruhig daliegt, unbewegt. Und auch der Himmel, dieser große Himmel, spiegelt sich, wird gespiegelt, wider, findet sich, wie die Türme der Karlskirche in Wien sich wieder finden lassen, auf schwarzen, glatten Oberflächen. Da muss noch viel mehr Weisheit in mich rein. Chelsea Girls, die Stirn an der Scheibe, am kühlen Glas, Blick nach oben. Dann kommt der Mond, und sie ist gar nicht da, die blaue Stunde, oder wird nie wieder da sein, so wie jetzt, gerade – an sie gedacht wird. All das gar nicht fassbar. Ein kleines Schieferhaus über dem Tunnelloch. Erkennen und benennen. So tief habe ich ihn noch nie stehen sehen, den Fluss. Am Firmament fehlen die Schwalben. Ich würde aufhören, wenn aufhören heißt, es hört auf.
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Leben? Eine Panzerschlacht im Sommerregen.
Ebenfalls ein Nachtrag, eigentlich Dezember 2005. Herr Herbst, die Gruppe Kettcar, Sie wissen schon. Alles andere: verloren im Äther.
Eins
Zwei
Drei
Vier
Nostalgie, nochmals anlässlich der Epica Awards (Nachtrag):
"Blixa Bargeld, leadsinger of the industrial techno band Collapsing New Buildigs reads the DIY Catalogue of the Hornbach Home Improvement Superstore."
Es wird empfohlen, alle vier Links gleichzeitig zu öffnen.
EDIT: Edition