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2005.08.29 | 5:54 am | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Glamourama

Die Bangkok Bar also. Natuerlich. Wohlgemut huepfe ich die Stiegen der Station herunter, vorbei am mobilen Sushistand, der Saftbude und den koerperbetont gekleideten Polizisten, biege unten rechts in die Ekamai und, nach einem wirklich sehr langen Bauzaun abermals rechts in die Soi Nr. 2, an deren Ecke schon das Schild winkt, in Neon, schwarz und weiss. Am Interieur hat sich nicht viel getan, die Lampen sind ein wenig gelblicher geworden, und die roten Klinker links neben dem Eingang sind tatsaechlich ebendie, deren Symmetrie ein Haus in Deutschland gestaltet, in welchem ich lange wohnte. Es ist angenehm voll, das Publikum gut gemischt. Obwohl P. mit seinem strammen Koerperbau, heute in ein rosa T-Shirt gehuellt, nicht unbedingt unauffaellig ist, uebersehe ich ihn zunaechst und laufe bis hinaus in den Garten, der nun wirklich aussieht wie ein Berliner Hinterhof. Auf dem Rueckweg dann stemmt er sich mir ins Auge, konzentriert am Mischpult. Grosses Hallo, Getraenke in die Hand, Vorstellungen – und die naechsten drei Stunden unterhaelt mich Hobby-DJ Nat, der heute nur zum Trinken hier ist und hauptberuflich, no kidding, gerade als Innenarchitekt die Renovierung der koeniglichen Wochenendraeumlichkeiten in Ayutthaya mitbetreibt. Eigentlich kommt er von einer kleinen Insel neben der ebenfalls kleinen Insel Koh Chang, und dass Asiaten Alkohol nicht so gut vertragen aeussert sich unter anderem darin, dass seine freundschaftlichen Beruehrungen von Glas zu Glas freundschaftlicher werden und als seine Hand schliesslich zum dritten Mal mein Gesaess beruehrt, fuehle ich mich endgueltig nicht mehr geschmeichelt. Spaeter dann, am Koenigstisch, ein beruehrendes Gespraech mit der bezaubernden Amie, ihres Zeichens Besitzerin der Bar und Mitinhaberin der Produktionsfirma Amanofilms, ueber die Toten des Tsunamis und die jaehrliche Verkaufsausstellung lokaler Kuenstler, deren Erloes ein jedes Mal anderen Hilfsprojekten zugute kommt. Sie sieht zwar aus wie ein schwedischer Bauernjunge, ist aber der erste Mensch, den ich hier treffe, welcher nicht auf die eine oder andere Art pathologisches Verhalten an den Tag legt. Und an die Nacht. Ein Balsam, deshalb. P.’s Komplizin hinter der Theke mischt die Black Russians von Mal zu Mal boesartiger, und als die Sperrstunde das Koepflein erhebt, will P. unbedingt noch woandershin, weitertrinken, ganz schnell, obwohl wir doch eigentlich gar nicht mehr gehen koennen.

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Um vier Uhr morgens stehe ich auf der Dachterrasse und telefoniere nach Europa. Ueber meinem Kopf die Fledermaeuse.

COMMENTS

1 - posted by n. | 2005.09.03 | 3:40 pm

ein anruf um kurz vor elf in einen der ältesten alten teile europas. eine wirre, leicht kratzige stimme spricht aus bangkok, von einem dach und klingt dennoch, als käme sie aus der 5 meter entfernten telefonzelle. das mädchen in der alten stadt freut sich, kann nicht reden, in diesem blechkasten, eingesperrt in das aufmerksame schweigen der mitfahrenden. dennoch: schlägt hier herz eben lautlos.


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