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2006.02.06 | 7:57 pm | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Abbild, Spiegel, Traum

Wie du da jetzt liegst und wahrscheinlich schläfst, unter dem zerrissenen Mosquitonetz, in dieser schartigen Hütte, zusammen mit den raschelnden Tieren, die durch Lücken und Ritzen rasen, kann ich mir gut vorstellen, war ich doch selbst dort, vor nicht langen Wochen noch. Zwischen dem Regendach und der dünnen Bastmatte über deinem Kopf haben die Geckos ihre Wege, unmarkiert, und im Badezimmer, das gar keines ist, bilden die Straßen der Termiten Muster an der Wand. Wenn man duscht kann man sich gut einbilden, Geräusche zu hören, von ihren Bewegungen erzeugt. Trotz des Wassers, das die Kopfhaut trifft, trotz des gurgelnden Abflusses und des Schreiens der Vögel, draußen im Wald. Aber das weißt du ja. Auf der Veranda hängen deine Kleider zum Trocknen und unten in der Bucht rauscht das Meer. Der Mond könnte voll sein und helle Bahnen durch die vergitterten Fenster werfen, auf deinen sanft atmenden Körper, der vielleicht glänzt, dann. Aber das muss nichts mit dem reflektierten Licht der Sonne zu tun haben. Vielleicht sogar ist es das gleiche Bett wie das, in dem ich lag, und welches wir uns somit teilen würden, gäbe es nicht die Zeit. Gäbe es nicht die Zeit, gäbe es auch nicht diese Gedanken und nichts, was wir irgendwie benennen könnten. Es stapelten sich alle Menschen in diesem Bett, die es benutzten, seit es diese Hütte gibt und alle, die es benutzen werden, solange es sie noch gibt und das stimmt natürlich gar nicht, weil die Hütte dann gar nicht da wäre und natürlich doch, wie alles andere, was jemals da war, an diesem Ort und in dieser Welt und eben nicht, denn diese Welt existiert nur, solange die Zeit Begriff sein darf. Und da dies so ist, zumindest so zu sein scheint, kann ich mir also vorstellen, wie du da liegst, in diesem Bett, jetzt gerade, und kann mir auch vorstellen, dass dieses „Jetzt“ jetzt schon gar kein „Jetzt“ mehr ist, sondern ein vergangenes und kann mir somit auch vorstellen, dass du jetzt gerade den Strand verlässt in Richtung Meer, ganz weit hinaus gehst, in diesem seichten Wasser, das in der ganzen Bucht nicht tiefer als dreißig Zentimeter ist, ganz weit hinaus gehst, bis du eine Stelle findest, die tief genug zum Schwimmen ist, bestimmt dreihundert Meter vom Ufer entfernt. Es ist kein Tsunami, der das Wasser so weit nach draußen zieht, keine Flutwelle wird dich hinwegspülen, aus der Bucht und dem Leben hinaus, es ist bloß der Mond, der von vorhin vielleicht, jetzt, der die Moleküle des Meeres verlagert und woandershin wirft, der an all dem zerrt, auch an unseren Körpern und an der Flüssigkeit in unseren Herzen, ohne dass wir benennen könnten, was da geschieht, ohne es zu bemerken, meist. Noch viel weiter draußen liegen die Boote, die schon lange nicht mehr Fischern dienen, und deren splitternde Farbe nun –

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Explosions in the Sky.

Eins

Zwei

[…] Ich bin nur zufällig, feixte die Notwendigkeit; ich sehe nicht wesentlich anders aus als das Gesicht eines Lupus- kranken, wenn man mich ohne Vorurteil betrachtet, gestand die Schönheit. Im Grunde gehörte gar nicht viel dazu; ein Firnis war abgefallen, eine Suggestion hatte sich gelöst, ein Zug von Ge- wohnheit, Erwartung und Spannung war abgerissen, ein fließendes, geheimes Gleichgewicht zwischen Gefühl und Welt war eine Sekunde lang beunruhigt worden. […]

Robert Musil - Der Mann ohne Eigenschaften

[…] Ein Signifikant ist, was ein Subjekt repräsentiert für einen anderen Signifikanten. […]

Jacques Lacan - Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse

[…] Lacan beschreibt das Reale, den wohl rätselhaftesten Begriff seiner Theorie, als das, was nicht sym- bolisierbar ist, als den sprichwörtlichen "Ziegelstein, der vom Dach auf den eigenen Kopf fällt", also etwa ein Traum, unter dem man leidet und der (noch) nicht in eine Geschichte verwandelbar, verflüssigbar ist. Das Reale ist hier immer etwas Unfassbares, Unsagbares, nicht Kontrollierbares, eine Art von Horror oder Trauma. Das Reale ist auch in den Sphären der Sexualität, des Todes und der Gewalt zu sehen. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, ausgerechnet das Reale erklären zu wollen (das per definitionem unerklärlich ist), wenn auf die Erläuterung der Ordnung des Sym- bolischen und des Imaginären verzichtet wird. Das Reale ist, wenn überhaupt, nur als Teil der Registertriade Imaginär/ Symbolisch/Real bestimmbar. […]

Peter Widmer - Subversion des Begehrens

[…] Das Symptom ist das signifiant eines verdrängten signifié, ein im Fleisch niedergeschriebenes Symbol; es partizipiert an der Sprache. […]

Jacques Lacan – Le Rapport de Rome


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