close up to the sky

Wäre ich die Hauptperson in einem Film, wäre das eine großartige Aufnahme. Wie wir in der Schlange vor der Wilden Renate stehen, dicht an dicht gedrängt unter den zerzausten Regenschirmen, die durch die Böen immer wieder aufgebläht und verworfen werden. Dabei schüttet es ununterbrochen und so heftig, dass der Himmel einfach nur schwarz und schwer ist. Selbst das orangene Licht der Straßen-Laternen ist irgendwie schwer und schwarz. Genau wie meine D&G Lederjacke, die sich mit jedem Tropfen fester an mich saugt und mir ein fiebriges Gefühl gibt. Ich ziehe die Kapuze noch etwas tiefer ins Gesicht und drücke mich noch etwas fester an die zwei Däninnen, die ihren Schirm über mich halten.  Sie sind schmerzhaft schön und ihr DeutschEnglischDänisch plappert auf mich ein und ihre nassen Haare duften.  Ich stelle mir vor, dass es sich um ein ganz besonderes Shampoo handelt. Es könnte Stine heißen, oder Vibe und hätte grünen Bambus auf dem Etikett. Vibe, so versichern sie mir, sei ein ausgesprochen seltener Name. Und während ich im Kopf meine Kamerafahrt mache (so eine Gleisfahrt,  beginnend bei den in einem Bretterverschlag wartenden Türstehern, plus Schwenk von oben zum Gegenschneiden) kommen immer mehr Taxen an und werfen Menschen in den Sturm. Er bückt und krümmt sie und macht uns alle gleich: Die Mitte-Hipster, die israelischen Touristen, die jetzt hebräische Lieder singen um sich aufzuwärmen. Julia, die coole Berlinerin mit den großen Schneidezähnen, die ich eben erst kennengelernt habe.  Martin, der dicke Drogenbär mit der beschlagenen Brille. Die Franzosen mit den mariuhanaverhangenen Augen und  meine zwei Däninnen, die mich jetzt nach meinem Alter fragen. Ich lasse sie raten. Ein israelisches Mädchen mischt sich ein und ich sage ihr aus Spaß, dass ich 21 bin und dass ich finde, dass sie sich für ihr Alter sehr gut gehalten habe. Dafür schimpft sie sehr sympathisch, ich verstehe nicht alles. Später (in Fastmotion), werden die Däninnen aufgeben,  die Israelin wird ihre Pumps ausziehen und gegen die Türsteher werfen. Und ich werde auf die Frage, zu wem ich gehöre,  wahrheitsgemäß antworten, dass ich alleine bin. Das ist das Codewort für eine Nacht, die auf einer Kreuzung im Morgenrauen endet. Dabei stehe ich bloß da. Regen prasselt auf mein Gesicht und mein weißes Calvin Klein T-Shirt. Ich muss nicht spielen. Ich stehe einfach nur da und werde kleiner, so von oben. close up to the sky.

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