Vigilien

is there any any? nowhere known some?

‚Etwas Wunderbares ist mir widerfahren. Ich ward entzückt in den siebenten Himmel. Dort saßen alle Götter versammelt. Aus besonderer Gnade wurde mir die Gunst gewährt, einen Wunsch zu tun. „Willst Du“, sprach Merkur, „willst Du Jugend oder Schönheit oder Macht oder ein langes Leben oder das schönste Mädchen oder eine andere Herrlichkeit von den vielen, die wir in der Kramkiste haben, so wähle, jedoch nur eines.“ Ich war einen Augenblick unschlüssig, dann wandte ich mich mit folgenden Worten an die Götter: Hochverehrte Zeitgenossen, eines wähle ich, daß ich immer die Lacher auf meiner Seite haben möge. Da war auch nicht ein Gott, der ein Wort erwiderte, hingegen fingen sie alle an zu lachen. Daraus schloß ich, daß meine Bitte erfüllt sei, und fand, daß die Götter verstünden, sich mit Geschmack auszudrücken; denn es wäre ja doch unpasssend gewesen, ernsthaft zu antworten: Es sei dir gewährt.‘

[Ach, das ist schön: Noch einen Freund in der Geistesgeschichte zu finden. Man denkt sich doch immer gleich zu Anfang: Mann, du bist ein guter Typ, Toter. Und dann wird es noch besser und man liest mit immer hellerer Begeisterung weiter und möchte den Kerl immer an den Schultern packen und schütteln und schon ab Seite 40 alles ins Weblog abtippen.]

[Übrigens, nebenbei: Bei Nietzsche ist es selsamerweise nicht so. Der ist so eine coole Sau, daß man sich nicht mal traut, über die Zeit mit ihm befreundet sein zu wollen. Sören hier ist mir verwandter.]

Link | 7. September 2006, 14 Uhr 14


Nein, ich meinte: „Ah“. Wie man einen Schlag empfängt oder eine zärtliche Berührung.

Link | 6. September 2006, 13 Uhr 12 | Kommentare (1)


Aus Trotz: Eine Kulturgeschichte der ärgerlichen Tür schreiben. Ins Kleinste nachrecherchieren, wer die Bastarde waren, die all die Türen erfanden, die uns in den Rücken springen, winselnd beiseiteweichen oder aufzischen daß wir uns fühlen wie die Herren des Universums vom bloßen Gradeausgehen.
Und dann nicht veröffentlicht werden und ein Leben lang über den Niedergang der Gelehrsamkeit klagen, so etwas.

[Todos]

Link | 6. September 2006, 12 Uhr 22 | Kommentare (5)


Ah, der Ekel.

Link | 6. September 2006, 11 Uhr 36 | Kommentare (1)


Übrigens, mark my words: Das große Ding wird nicht Web 2.0 sein, sondern WoW 2.0.

Menschen, die nur 5 Jahre älter sind als ich, können mit einer Maus nicht zielen und überleben keine 5 Sekunden in einem Shooter.
Menschen, die nur 5 Jahre jünger sind als ich, machen einen Teil ihrer sozialen Erfahrungen schon in World of Warcraft.

Und während wir, die wir ab und zu in einem dunklen Keller eine Runde Descent gegeneinander ausfochten, vor 10 Jahren eine kleine Avantgarde waren, die von der herrschenden Kaste der Jugendlichen verachtet wurde, spielen heute alle. Fantasy ist im Begriff, zu einer echten zweiten Wirklichkeit zu werden.
Nicht das gutgemeinte VRML wird Gibsons Cyberspace bringen, sondern Blizzard in der nächsten oder übernächsten Generation MMORPG. Es wird eine von Blizzard hergestellte Welt sein, mit und in der die Leute aufwachsen. Belohnung und Frustration werden schon heute zentral über Kabel verteilt. Blizzard stellt Autoren für In-Game-Movies ein. Eine wirklich kybernetische Bewusstseinsindustrie wächst da heran.

Es passiert immer alles langsamer, als wir denken, aber es passiert. Kauft Blizzard-Aktien und macht Euch neu vertraut mit Eurer Maus. Ihr nehmt sonst in ein paar Jahren nur noch an der einen Hälfte des Lebens teil.

[Übrigens war ich noch nie auf der Games Convention. Ich würde nur aus beruflichen Gründen hingehen. Man muß sorgfältig wählen, in welchen Konsumwelten man Konsument sein möchte.]

Link | 5. September 2006, 14 Uhr 01 | Kommentare (3)


Ich beendete mein Tagwerk gestern kurz nach zweiundzwanzig Uhr und freute mich also auf einen langen Abend mit Lektüre: Kierkegaards Tagebuch des Verführers wollte ich, schön langsam, zu Ende lesen; ich sah mich, das Kinn in die Hand gestützt, ausgestreckt in der Stille liegen und nur alle halbe Stunde einen Gang in die Küche tun für ein Glas Orangensaft oder ein Stück Schokolade.
Es sollte anders kommen. An so stillen Abenden in so stillen Wochen hat ein Verführer-Tagebuch nicht unbedingt tröstende Wirkung, zumal nicht ein geschickt gemachtes. Nun ist schwärmerisches Ausphantasieren erotischer Möglichkeiten zwar ein angenehmer, aber dauerhaft durchaus nicht auszuhaltender Zeitvertreib, zumal solche Möglichkeiten spät am Tage ja gern möglicher erscheinen, als sie es tatsächlich sind. Und so blieb mir also nichts, als den Kierkegaard für nüchterneres Tageslicht aufzuheben und anderweitig Ablenkung zu suchen.
Ein bewährtes Mittel zur Stillegung des Vorstellungsvermögens und zur Ablenkung von den grausamen Beschränkungen der gegenwärtigen Wirklichkeit ist bekanntlich Adrenalin. Man installiert sich einen Shooter und ist sein Gehirn für ein paar Stunden los, so war das schon immer. Der GPL-Shooter Tremulous, den ich gestern Abend entdeckte, heißt nicht umsonst so. Man spielt ihn online gegen Menschen, die in den letzten 7 Jahren weitergeübt haben oder überhaupt erst 15 sind. Man kriegt also dauernd auf die Mütze, aber das macht nichts. Es freut trotzdem, wenn man nach drei Kills endlich einen Flammenwerfer kaufen kann, um dieses eine tschechische Alien zu grillen, das schon dreimal die zufälligen Zweikämpfe in abgelegenen Korridoren durch sicheren Biss gewonnen hat. Ich kann das nur empfehlen.

Link | 5. September 2006, 13 Uhr 43 | Kommentare (3)


Vigilien-Leser, heute bitte ich Sie um Ihre Hilfe. Sie können mir helfen, indem Sie an einer kleinen 3-Minuten-Umfrage teilnehmen.

Hintergrund: Wie Sie vielleicht wissen, versuche ich zur Zeit, alles Nötige für eine Gründung zusammenzubekommen. Das zu gründende Unternehmen hieße „Bookpac“ und würde ggf. Soft- und möglicherweise Hardware für das Lesen elektronischer Bücher, Journals und Dokumente herstellen. Da gebildete Weblogleser klar zur Gruppe unserer möglichen Kunden gehören, ist interessant für uns, was Sie interessiert und wieviel Sie wofür ausgeben würden.

Wir verlosen auch was.

Erzählen Sie ihren lesenden Freunden von der Umfrage.
Sie müssen aber nicht. Falls Sie uns oder allgemein Umfragen, von denen Sie nicht viel haben, blöd finden, meine ich.

[Bemerke: Ich beleidige meine Leser gerade durch Übervorsicht. Als wären hier Aufregerkids unterwegs.]

Link | 4. September 2006, 0 Uhr 59 | Kommentare (2)


[Sogar Größenwahn muß man kultivieren, man steht sonst am Ende mit einer durchschnittlichen Selbstüberschätzung da.]

Link | 3. September 2006, 1 Uhr 47


Sie verlangen immer internationale Studien, wegen Horizontweitung. Die Versuchung ist groß, lächelnd zu antworten: Ich bin gewissermaßen Staatsbürger von Estoty, genügt das?

[Die Weite des Horizonts, die sie verlangen, ich frage mich immer: Ertragen sie sie, wenn es nicht eine spezifische Weite des Horizonts um einen spezifischen Punkt ist? — Ich sollte aufhören, Rhetorik dieser Sorte beim Wort zu nehmen, aber es fällt mir schwer. Eine Marotte, eine Behinderung fast: Die Leute stoisch beim Wort zu nehmen. Im Sinne der Verbesserung der Umstände rate ich Ihnen übrigens sehr zu dieser Behinderung, sie verleiht nach einigen Jahren eine Sorte Sicherheit, Sie werden staunen: Sie sind nicht mehr bedrohbar mit bedrohlichem Geschwätz, es schwätzt sie einer voll mit seinem Zeug und Sie sitzen mittendrin und denken nur „Schwätzer“, und dann kriegen Sie die Quittung für Ihren unleugbaren Hochmut und Sie gehen raus und denken sich nur: „Depp“ — und so geht das weiter, bis Sie auf einen treffen, der weiß, was er sagt, und Sie erkennen sich sofort.]

[Man sollte auch immer einen Park in der Septembersonne in der Hinterhand haben, so daß man im Zweifel die Wärme rufen und die Mädchen mit Eis und grausamem Lachen über Kieswege knirschen sehen kann, hüpfende Tauben (eine einbeinig davon), ein bisschen schon Laub und eine stillgelegte, dunkelgrün lackverkrustete Jugendstilörtlichkeit.]

[Rüstungen 2]

Link | 3. September 2006, 0 Uhr 07 | Kommentare (2)


Tarkovskijs Stalker endlich gesehen. Vom ersten Bild an keine Sekunde Zweifel. Große Kunst. Und der Ton vor allem, oh, wow. Was mir nicht passte, ganz und gar nicht passte, war, daß der Film so fürchterlich philosophisch wurde zum Ende hin. Das ist ärgerlich, weil die Zone Thema genug wäre. Da muß nicht die Geworfenheit des Menschen und die Problemsituation des eitlen Schriftstellers dran verhandelt werden, jedenfalls muß man es nicht im Text tun. Die bewußt gelegte Spur gar, daß in der Zone möglicherweise überhaupt nichts Übernatürliches passiert und nur die gequälten Seelchen der Protagonisten dort frei drehen, könnte einen schon fast auf die Palme bringen, wenn nicht die Stimmung so überwältigend wäre.

[Als ich mich hinterher abfällig über die überkandidelte Aufgeblasenheit der Probleme von Schriftsteller, Professor und Stalker äußerte, wurde meine Regung, vermutlich korrekt, als Arroganz einsortiert. Es stimmt. Ich bekenne mich schuldig. Ich bin länger keiner interessanten philosophischen Idee mehr begegnet. Die Zunft gibt sich ja Mühe, aber irgendwann sind die Räume dessen, was alles ganz anders sein könnte, eben vermessen. Gespräche über Sinn und Gott und solche Sachen sind doch bitte zu unterlassen, bis neues empirisches Material vorliegt. Und ja, auch die Sorge um den Ruhm des Schriftstellers 100 Jahre nach seinem Tode sollte man doch den Fünfzehnjährigen überlassen. Man kann auch ohne das volle Sinnkrisenprogramm ganz passabel unglücklich sein; und auch wer aus den sogenannten Großen Fragen die heiße Luft abgelassen hat, kann mit hellwacher Schwermut in die Welt blicken. Also im Fall von Stalker die Stimmung und einer menschenleeren Zone der reinen Angst ausloten, die für sich allein komplexer und interessanter ist, als die Probleme irgendwelcher Typ-Menschen mit ihrem lieben Selbst das eben sein können. Daß Bilder und Ton um Größenordnungen mächtiger waren als das Gequatsche (mit Ausnahme der Gedichte), schien mir offenbar zu sein. Die Zone hätte die Hauptrolle haben müssen.]

[Übrigens: Die Geschichte ist eben doch eine Maschine zur Destillation von Schönheit.]

Link | 1. September 2006, 2 Uhr 56 | Kommentare (1)


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