Vigilien

is there any any? nowhere known some?

[A propros altes Europa: Ich mache mir ja Sorgen um Jochen Schmidt. Proust zu lesen war jedenfalls das Gesündeste, was ich je gemacht habe. Am Ende wird uns der noch glücklich. Das kommt langsam, aber mit Macht.]

[Eigentlich sollte man bekanntlich nie aufhören, die Recherce zu lesen, sondern sie griffbereit halten und wahllos darin lesen… aber sie ist mir zu gesund im Moment, und, seltsam: zu schlaff; diese Tage sind ganz gespannter Widerstand.]

Link | 4. Januar 2007, 2 Uhr 16


Um einen Feuerball rast eine Kotkugel, auf der Damenseidenstrümpfe verkauft und Gauguins geschätzt werden.

Eine heute rührende Form des nihilistischen Trotzes: Die Erde als Kotkugel zu bezeichnen. So eine wär-gern-böse Putzigkeit passiert natürlich 1918, kurz bevor Europa Atlantis in den Abgrund folgt und die europäische Kultur ohnehin ihre besten Köpfe auf die systematische Selbstdemontage ansetzt.

Wie das so ist, wenn man alles kaputt haut: Man bleibt übrig und rundherum sieht es deprimierend zerdeppert aus.

Heute Polleschs etc-Stück gesehen. Sophie „Ich möchte nur einmal vor ihr knien dürfen“ Rois unterwegs in solchen Ruinen, wie sie sich abzeichnen in Polleschs eben aktuellem Denkzustand — es geht immer noch gar nichts mehr, die Menschen sind aber noch da und stehen herum, während sich das Theater, ohne sie, selbst spielt: Es ist eine Verwechslungskomödie, also verlassen Menschen den Raum durchs Fenster, nur eben ohne Grund zu haben. Es ist wie in Out of Order, nur quasseln die Figuren lieber postmodernen Jargon als Schurkereien zu betreiben und wissen auch nicht mehr, wen sie verwechsen sollen. Sehr spaßig vorgefeierte Volksbühnenideologie also: Nichts geht mehr, am besten vermeidet man gar alles.

Oder doch, eins geht dann doch noch: Chopin spielen geht noch. Und da pack ich dich, Pollesch, Chopin spielen geht noch. Man hätte ja mitschreiben müssen, um diesem Feuerwerk unausgegorener Großtheorie (in dem ich mich naturgemäß sehr wohl fühle) auch nur stehend zu begegnen, also: Wenigstens mal drüber nachdenken zu können. Da ich kein Papier mithatte, sind mir die Argumente gegen, pardon, ich bin Privatmann, Liebgesgeschichten — und Geschichten überhaupt — zwar entfallen, aber ich meine doch, daß keine überzeugenden Belege für ihre Unmöglichkeit vorgebracht wurden. Heilsgeschichten sind sicher falsche Geschichten, schon gar nicht sind es unsere, soweit stimme ich zu, aber Geschichten von Schwierigkeiten sind doch ohnehin die interessanteren. Und Interesse, das jedenfalls ist ein Wert, auf den sich ein dermaßen verkopftes Stück mit mir schon beim Kartenkauf ganz von alleine einigt. Also: Geht doch!

[and language just happened it was never planned]

Link | 4. Januar 2007, 2 Uhr 13 | Kommentare (2)


It was a dark and stormy night.

[Die immer noch schleichende Raffinesse des Edward Bulwer-Lytton]

Link | 3. Januar 2007, 13 Uhr 13 | Kommentare (1)


Notwendiger Teil eines Lebens, das sich als sinnvoll versteht, weil es sich selbst erzählt und also einer inneren Logik folgt, ist ja, daß Optik und Teile der inneren Logik der Welt vor allem Staffage für die eigentliche Geschichte sind. Das ist ein angenehm solipsistischer Standpunkt, macht er doch schon das Wetter zu nichts anderem als externalisierter Stimmung in einer Geschichte die Sie, Leser, nur äußerst unvollständig kennen können.

[Der Grund, warum Science Fiction ein so pikantes Genre ist: Eine Sinnmaschine (die Narration) und die große Sinnvernichtungsmaschine (die Wissenschaft) in einer Konstruktion unter Spannung.]

Link | 3. Januar 2007, 13 Uhr 05


Meine Rolle heute Abend würde ich ja klar als „Opa Hoppenstedt“ klassifizieren.

[(leise) da-da-uff! da-dauff-dada-uff-da–da!]

Link | 1. Januar 2007, 5 Uhr 27 | Kommentare (3)


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