Vigilien

is there any any? nowhere known some?

An heute morgen kann ich mich kaum erinnern; es ergibt keinen Sinn, daß das derselbe Tag gewesen sein soll. Dasselbe gilt für den Abend, unmöglich kann das heute gewesen sein, ich machte den üblichen Umweg über den Nordbahnhof, der mich zu Fuß durch die Stadt führt; es könnte ebensogut letztes Jahr gewesen sein, in diesem schwarzen Loch unadressierbarer Ereignisse.

Die Nacht ist endlos, es passen Platten in sie hinein und stille Social-Web-Besuche, last.fm ist so grauenhaft unverbindlich, und Bibliothekssehnsucht (Sie kennen ja den Weg, sagte der Pförtner, als ich vor einigen Wochen dort war, und ich nickte und verlor mich; wo der Weg gewesen war, war nur kalter Geruch von Gips und keine Treppe mehr, ein neuer Weg wurde mir versprochen, als ich mich umdrehte, und führte durch den Katalog, wo ich Jahre nicht gewesen war, von der schmalen Treppe irrte ich ab in ein volatiles Zwischengeschoß, in dem drei alte Sozialwissenschaftler zwischen graulackierten Stahlregalen saßen, kommunizierende Röhren, die nacheinander aufblickten und absanken, als ich in die Sackgasse pantherte. Und ich fühlte mich zu Hause und ich dachte: Die Bibliothek, der tückische Katalog, das Labyrinth, die Korrespondenz, Spiegel, Tiger, Endlosigkeit.)

Link | 24. August 2007, 1 Uhr 50


Bear Stearns vs. the USD

Link | 21. August 2007, 2 Uhr 42


mit der grauenvollen Undurchdringlichkeit von Gegenständen, wenn sie anderen gehören, mit dem Nichtherankommen an allles… auf der anderen Seite, das Wohlstandsproblem lässt sich ja zusammenfassen: Die gepeitschten niederen Instinkte sind synthetisch zu befriedigen — es kommt nur kein Leben heraus dabei; mit diesem Verdacht beginnt das Suchen, das nie eine Richtung gewinnen wird, und so kommt es eben zu Bräunung und den Sommeraktionen der Autohäuser, die ja stattfinden überall, blaue Luftballons und Aufkleber. Und zu dieser Gefühligkeit, zur großen Gefühligkeitsrettungsillusion, das ist ja richtig beobachtet, Wohlfühl-Gefühligkeit allerdings nur, eine Nichtwohlfühl-Gefühligkeit ist nicht erwünscht, die Stimmung in einer dreckstarrenden Wohnung, die unheimliche Leere einer Landschaft, in der nur ein paar Büsche, ein Abend…

Link | 18. August 2007, 22 Uhr 43


ein Biß

Link | 18. August 2007, 22 Uhr 32


Der schwarze taillierte Filzmantel, der keinen Hunderter gekostet hat und zu einem viel integraleren Bestandteil meiner Person geworden ist als, ich weiß nicht, meine Abiturnote, die härter zu beschaffen war, der meine eigentliche Silhouette geworden ist, nicht nur in den Wintern fremder Städte, überhaupt.

Link | 18. August 2007, 22 Uhr 29


Es gibt ja die Option — und die Frage dabei, werte Leser, ist, ob Sie mir in diesen Gedanken folgen wollen, ohne daß Ihre Gehirne vulgärpsychologische Abwinkkategorien ausspucken, die Sie ja gerne auf Ihre Nachbarn anwenden dürfen, die ich Ihnen aber hier als Beleidigungen ihrer eigenen Fähigkeit zur Akzeptanz der wilden Welt verbieten würde — es gibt die Option, ein Leben auf die Möglichkeit von Traurigkeit zu bauen.

Der Kern jeder Traurigkeit ist ein unbesiegbares Wissen. Wissen um einen Wert, der keiner weiteren Begründung bedarf. Möglichkeit zur Traurigkeit heißt, sich in dieses Wissen versenken zu können, und zwar praktisch und im Sinne der nötigen inneren Freiheit: Sich der Gesellschaft der Menschen und ihrer Funktionserwartungen entziehen zu können und sich dann einen Zustand zu gestatten, mit dem man tatsächlich alleine ist und in dem man sich selbst trauen muß (– und der noch dazu im Geiste der stumpfen Einbleuungen der Konsumförderindustrien als bestenfalls schnell zu überwindende Störung gilt.)

Die Möglichkeit zur Traurigkeit begründet ein Leben. Die kontemplative Erreichbarkeit einer Gewissheit (sagen wir: einer Liebe, also der Gewissheit einer nicht mehr verstehbaren Größe), auch wenn sie schmerzlich ist, verankert das Denken, entmachtet die Zeit und immunisiert gegen den Zynismus. Danach mag das Leben zucken und sich bäumen, festgemacht ist es doch, jetzt ist es nur noch ungeheuer interessant.

Glück übrigens ist eine von Traurigkeit vollkommen unabhängige Größe. Schon im späten August gewinnt das Licht in dieser Stadt manchmal für Viertelstunden eine Qualität, die jede bewusste Minute abhebt und füllt mit heller, wilder Verbundenheit, als geschehe alles gleichzeitig, als dächten wir in diesem Moment dasselbe — das Licht allein kann das, während wir in einer schäbigen Duschwanne kauern oder auf dem Weg zur U-Bahn sind. Wie könnte man in einer solchen Welt nicht glücklich sein. (Pursuit!: lachhafte Idee.)

Link | 18. August 2007, 2 Uhr 06 | Kommentare (3)


high fiddle high fiddle low fiddle low

Link | 18. August 2007, 0 Uhr 47


… die Nacht ist ein gräßlicher… es ist ja Gescheitheit, die, immer Gescheitheit… wie die der Hafer sticht da draußen in den Sommernächten, wie sie fahren immer… und der tat ja, was er eben tut, an der Bar sitzen und trinken und hinterher… meine Angst, plötzlich vor dir zu stehen irgendwo da, wie ich betete, daß es passiert… immer nur Gescheitheit, und Herz, Herz natürlich, auch wenn man das ja gar nicht sagen kann… gräßlicher, ein gräßlicher… großartiges Gewälze, daß das geht und möglich ist… wenn ich einmal dort bin, nein, wenn… Dinge, die aus Holz sind: Alpengasthausküchenhintertüren, überhaupt Alpengasthaustüren, oder überhaupt Türen, die einen Spalt weit offen sind auf den warmen Garten hinaus… ein Brocken, ein Gespei, ein verworrenes, ein in sich verworrenes… wenn nur nicht so unbeweglich geworden wäre, so undurchdringlich, so fest… jederzeit würde ich ja in ein Flugzeug steigen für einen Nachmittag der Gescheitheit, jederzeit… ein Komplex, ein komplexes Netz, ein Zusammenhang aus schwarzen…. Dingern… Körper sind ja länger als sie breit sind, im allgemeinen, und so doppelt, das ist großartig

[Stromunterbrechung]

Link | 17. August 2007, 0 Uhr 38


Ich will ja nicht sagen: Natürlich. Aber natürlich. Von wegen Humboldt-Forum, das ja ohnehin ein Besänftigungskonzept war. Sie brauchen diesen gewaltigen Kasten möglichst leer, als Resonanzraum für das wilhelminische Mütchen, das ihn geboren hat. Vor allem aber: Keine Bibliothek. Die Generalbundesanwältin sagt, da lernen die Terroristen böse Worte. Stadtsoziologen, die Gentrification sagen, (ein Schocker!) sowas kommt ja heraus, aus den Bibliotheken.

Politik der Bewusstseinskontrolle: Immer die kleingeistigste denkbare Politik; weil sie wirklich so tut, als könne sie durch den Bau des Preußenschwansteinsimulacrums die DDR (die Demütigung des Bürgertums) und den Krieg (das Versagen des Bürgertums) aus der Geschichte wegbauen. Dabei setzt sie nur leuchtende Zeichen der eigenen Erbärmlichkeit.

Die DDR, ein armseliger Sozialismus, der nicht genug Glück produzieren konnte, um sich nicht als Gefängnis gebärden zu müssen, immer noch so gehasst von einem Bildungsbürgertum, das nicht einmal genug Bildung produziert, um die neue BRD zu retten vor der Hysterie nach einem Terroranschlag, der noch gar nicht stattgefunden hat.

[Architektur ist möglich. Städte sind möglich. Staaten sind möglich.]

Link | 16. August 2007, 12 Uhr 02


Sie rückt näher, die fürchterlich gelbe Farbe, morgen wird sie auch um meine Fenster herumspülen; es wäre dann wohl doch an der Zeit, von meinem Fensterrecht Gebrauch zu machen, obwohl ich das bisher als Hippiequatsch abgelehnt hätte. Ich empfinde die gelbe Farbe als Gewalt, da ist sie wieder, die Ideologie der Fröhlichkeit. Jedenfalls ist das hübsche Braun der mächtigen sinistren Fassade, der ich so zärtlich verbunden war, Geschichte, und der Obey Giant im Eingang hat noch ein, zwei Tage, dann ist diese Erwähnung hier seine einzige Spur im Bewusstsein der Menschen.

[und sie machen ja fürchterliche Farben heute, die nicht wieder abzukriegen sind, ihre ekelhaften Errungenschaften streichen sie als bunte wetterfeste Pasten um unsere Fenster herum, hektische kleine Renovierer witschwitsch, vor sich hinbrabbelnd, alleshübschmachen, hübschhübsch, alleshübsch]

Link | 15. August 2007, 1 Uhr 18


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