Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Was ich an Shai Agassi, dessen DLD-Auftritt Herr Knecht gerade verlinkt hat, besonders mag: Daß die Walldorfer SAP-Entwicklertruppe ihn offenbar abgrundtief hasst.

Link | 10. Februar 2008, 17 Uhr 31


und ich wage nicht, den staub zu berühren
und schreibe verse, statt ordnung zu schaffen
ich meide die spuren und stillen dinge
die blieben, wo sie gewesen, seither
seit ich diesen verlassenen raum bewohne
der ein museum ist, und ein tempel, und eine karte
seit ich eisern den stein nicht betrachte
von dem ich fürchte, daß er, der vergessene
(im elenden hokuspokus der endgültigkeit,
den die zeit zu veranstalten pflegt)
alles sein wird, was ich habe, für all die jahre.

[vom Versuch, Staub zu wischen]

Link | 10. Februar 2008, 16 Uhr 16


Ein seltsamer Moment, als über dem Klappern einer Schreibmaschine eine Frauenstimme sagt: February the tenth. Sunday. Noise. Peace. Draußen rauscht die Schönhauser Allee; ich bin allein. Die Schreibmaschine und die britische Stimme sind eine absichtslos ausgewählte Konserve, Max Richters The Blue Notebooks.

Es ist Sonntag, der zehnte Februar. Mein zehnter Februar, ein Sonntag, irgendein zehnter Februar, der ein Sonntag ist. Max Richters zehnter Februar ist der zehnte Februar Kafkas, präzise der zehnte Februar 1918, der zehnte Februar des vierten blauen Oktavhefts. Am Tag zuvor, gestern vor neunzig Jahren, hatten die Mittelmächte Frieden mit der Ukraine geschlossen, Einstellung der Kampfhandlungen gegen Brot, die Nachricht erreichte Kafka am Tag darauf und mich 90 Jahre und einen Tag später.

Im Westen wurde noch geschossen, der Heeresbericht meldet vereinzelte Artilleriegefechte und Scharmützel mit englischen und französischen Spähtrupps.

Trotzki verkündete am 10. Februar 1918 die Demobilisierung der russischen Truppen, obwohl noch kein Friedensvertrag unterzeichnet war. Russland verteidigte sich nicht mehr nach dem 10.2., es blieb dem ersten Weltkrieg keine Wahl, als zu zerfallen.

Link | 10. Februar 2008, 1 Uhr 25


Manchmal, wenn ich mein Weblog betrachte, entwischt der Zensur der Gedanke: Das letzte seiner Art. Natürlich stimmt das nicht ganz.

Link | 9. Februar 2008, 14 Uhr 14


Sommerwind

[Votivgaben, Feldkreuze, niedere Obstbäume, Findlinge und die mürbe Festigkeit warmer Luft: Sommerwind; Apfelsaftschorle und Salzstangen; Heugeruch und singende Steine: Sommerwind; Dunkelheit, Feuerlaternen über dem See, Sommerwind.]

Link | 9. Februar 2008, 13 Uhr 06


Rituale der Beschwörung, wie Tänze. Das Wählen von Nummern bei aufgelegtem Hörer, das nächtliche Abhören der Handshakeversuche fremder Faxgeräte, das telneten verödeter Mailserver, das Klingelnlassen von Telefonen in bekanntermaßen leeren Wohnungen: Die sinistren Geister der Kommunikation aufzuwecken, die zwischen den Netzen liegen, äußerlich dienstbeflissen, heimlich rauschgierig und rachedurstig. Das äußerste Unbehagen der Elektronen, das wir aufrechterhalten in den Metallen dieser Welt durch Atomzerschmetterung, ist adressierbar durch Anwählen nichtexistenter Anschlüsse und Hineinsprechen in den leeren Rauschhintergrund des weltweiten Redebetriebs.

Link | 8. Februar 2008, 0 Uhr 05 | Kommentare (1)


daß hinter vorhängen, in zerheizten stuben

Link | 5. Februar 2008, 1 Uhr 52


Vor dem Einschlafen erhebt, noch einmal, die Stadt vor meinen geschlossenen Augen ihre ausgeglühten Mauern mit blinden Fenstern und klaffenden Türöffnungen, die ins Nichts führen: Grauer Himmel, Schalheit, leere Zimmer, die selbst von ihren Phantomen verlassen worden sind.

(Robbe-Grillet, Ansichten einer Geisterstadt)

Link | 4. Februar 2008, 2 Uhr 13


Agalmatophilie

[Schlimmer, als eine Statue zu sein: Ein Konzept zu sein]

Link | 4. Februar 2008, 1 Uhr 39


Gaudí: […] Welcher Unterschied besteht zwischen einem Strumpfband und einem Architrav? Schließlich sind beide von Fleisch.

Manganelli: Von Fleisch?

Gaudí: Gewiß doch, Fleisch; damit meine ich nicht, daß sie eine Allegorie auf das Fleisch sind, sondern, daß sie wahrhaftig Fleisch sind; warum sonst hätte ich einer unkeuschen Liebe zu einem Portal wegen die Verdammnis riskiert, warum hätte ich mich mit Türklinken und Schirmständern an anrüchigen Orten verabredet, warum hätte ich Decken, Simsen und Balkonen Anträge gemacht, die mich noch heute schamrot werden lassen, warum Nächte unzüchtiger Schlaflosigkeit verbracht, um einem Kamin zu huldigen? Fleisch, mein Freund, Fleisch; Krankheit, Unreinheit, Tod.

(Giorgio Manganelli, Von der Unzucht mit Steinen)

Link | 2. Februar 2008, 21 Uhr 39


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