Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Das Plebiszit in der Schweiz ist nicht ein schiefgegangenes Plebiszit, es ist das schiefgegangene Plebiszit. Das, das immer schiefgehen wird. Die Schweizer sind kein schlechteres Volk als irgendein anderes, in vieler Hinsicht sind sie ein besseres. Es geht ihnen zudem nicht schlecht, sie sind unbedroht, respektiert und blicken auf eine stolze Tradition. Und doch nutzen sie ihre Gelegenheit, der Aufklärung ins Gesicht zu spucken und eine kapitale Dummheit zu begehen: Weil sie eben, seufzte er resigniert, ein Volk sind. Die Frage ist nicht, weiß das Volk, was es will, die Frage ist nicht, sind Parlamente käuflich. Wer ein System politischer Entscheidungsfindung beurteilt, soll sich, immer noch, zuerst die Frage stellen: Wieviel Zeit haben die Kräfte der Aufklärung, auf das Recht achtzugeben, wenn das Volk die fatale Frage gestellt bekommt und „Ja!“ schreien will.

Es wird ein schönes Spektakel werden, ein Bockigkeitswettstreit unter Bergbauern, die ihre Modernisierungshausaufgaben seit Jahrzehnten verweigern, symbolische Politik zur Kühlung des provinziellen Mütchens aber durchaus gelernt haben. Viel Freude miteinander.

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Link | 30. November 2009, 1 Uhr 26 | Kommentare (2)


die lange verlorene Stille, für einen Moment // die Lehrküche im Keller, aus deren unzugänglichem Geheimnis es nach Schokoladenkeksen roch oder nach einem nie identifizierten scharfen Gewürz // Kiesel, in abgelegenen Betonwannen, Hüter der stillen Treppenenden // der sich unter einer flach liegenden Handfläche erwärmende, glatte, vernarbte Beton // Kork, Fasertapeten, Spotlights // das zu frühe Erwachen an einem unvertrauten Ort (eine unwillkürliche Bewegung) // zwischen den Vorhängen fahl der Himmel über einem fremden Dach // die behutsame Deckenrestitution // die Aufhebung der Grausamkeit (nicht die Abwesenheit der Grausamkeit: Die Aufhebung) // die messerscharfe Kante zwischen dem Verzeihlichen und dem Unverzeihlichen.

Link | 28. November 2009, 12 Uhr 53


ein Zeitteilzeichen: hier endet / hier beginnt, dies sei markiert als

Link | 26. November 2009, 23 Uhr 53


schnääk ging die Maschine und ritzte eine weißrieselnde Rille in ein gleichseitiges Dreieck aus schwarzem Schiefer, eine horizontale Ritze auf zwei Drittel der Höhe des auf einer Seite stehenden Dreiecks aus schwarzem Schiefer. Die Maschine verwendete einen Nagel.

Link | 26. November 2009, 2 Uhr 08


Als Kind betrieb ich mit Inbrunst die Anbetung des Tigers: Nicht des gefleckten Tigers der Grassteppen des Paraná und der amazonischen Wirrnis, sondern des gestreiften asiatischen Königstigers, mit dem nur Männer des Krieges es aufnehmen können, in einem Turm auf einem Elefanten. Vor einem der Käfige im Zoologischen Garten hielt ich mich endlos auf; ich bewertete die weitläufigen Nachschlagewerke und Bücher über Naturgeschichte nach der Pracht ihrer Tiger. (Noch immer erinnere ich mich an diese Gestalten: ich, der ich mich nicht zweifelsfrei an die Stirn oder das Lächeln einer Frau erinnern kann.)

Link | 25. November 2009, 1 Uhr 37 | Kommentare (3)


der Grauschleier: heben Sie ihn an, drei Zentimeter, oder tauchen Sie hinab, drei Zentimeter, da ist es: Orangenhaine, Aquaedukte, Azurschimmer, Bogen und Knie, Zikaden und Tuch — den Grauschleier gilt es mitzudenken, er ist abzuziehen. Wenn wir unzufrieden sind mit den Verhältnissen, dann weil sie uns nicht genug Kraft lassen, um den Grauschleier abzuziehen.

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Zürich lag unter mir im Föhn: über die Hügel gegossenes Licht, glimmende Inseln im Dunkeln, verbunden über getigerte, pulsierende Energiebänder, Schmuck des Planeten. Die Maschine legte sich über die linke Tragfläche, hob die Nase und applizierte aufbrausend Kraft.

[ich kann nichts dafür, es war so]

Link | 18. November 2009, 23 Uhr 28 | Kommentare (1)


der Ölgeruch der Linse, langfingriges Gras /

Link | 14. November 2009, 20 Uhr 23


Die Photographie hat die Rolle einer Rechtfertigung angenommen. Mit Mobiltelefonen kann man Bilder machen, das war es dann aber auch schon. Einen Photoapparat zu besitzen und mitzunehmen, erlaubt dagegen die Absichtserklärung „Ich gehe los, um Bilder zu machen“.

Bilder zu machen ist nicht notwendig. Man könnte statt eines Photoapparats auch einen kleinen Empfänger bauen, der nur Geokoordinaten ermittelte und das Photo fertig von Flickr herunterlüde. Die Welt ist photographisch erschlossen. Trotzdem gehen wir los, um Bilder zu machen.

Der Grund ist, daß der Vorgang des Bildermachens nicht Bilder erzeugt, sondern uns selbst vor dem Verschwinden bewahrt. Nicht weil wir festgehalten wären auf Bildern (wir sind gar nicht abgebildet), nicht weil wir festgehalten wären als Blick (wenn wir ehrlich sind, sind die meisten unserer Blicke trivial), sondern weil wir etwas tun, das nichts produziert außer Liebe, und eine Entschuldigung dafür haben. Das Bildermachen bewahrt uns vor dem Verschwinden, weil es uns ermöglicht, kurz frei zu sein.

Tätigkeiten, die nichts produzieren außer Liebe, müssen entschuldigt werden. Dies ist, um einen besonders ausgekauten Begriff für die sich nicht ertragende Gegenwart zu verwenden, das 21. Jahrhundert. Man, Nature, Technology. Photographie ist eine der letzten einfachen Entschuldigungen: Sie lässt sich sogar im Jargon der Kreativität beschreiben und ist damit hoffähig bis hinunter zur ideologischen Welt von NEON.

Die Wacheren wissen, daß sie keine Photos machen, sondern müßiggehen als Liebhaber der Wirklichkeit. Man könnte auch sagen, daß sie sich erlauben, glücklich zu sein. Die weniger Wachen wissen es nicht, benutzen aber denselben Ausweg: Sie erfüllen den Selbstverbesserungsimperativ, ohne sich quälen zu müssen, der kleine Apparat erlaubt ihnen, kurz etwas anderes wahrzunehmen als ihre eigene Zukunft, die sie bedroht mit dem harten Glorienglanz des nie zu Ende verbesserten Selbst.

Link | 14. November 2009, 13 Uhr 23 | Kommentare (11)


Schwer zu verstehen: Daß derselbe Zigarettenstummelhaufen im U-Bahn-Aufgang jeden Morgen ein neuer Zigarettenstummelhaufen ist.

Link | 12. November 2009, 11 Uhr 15 | Kommentare (4)


Margaret Tait: A Portrait of Ga

Link | 3. November 2009, 0 Uhr 48


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