Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Apokalyptisches Denken lässt die klammheimliche Freude an der Katastrophe nicht zu, die von Nichtapokalyptikern gepflegt wird: Es schon immer gewusst zu haben ist wertlos, und die Katastrophe ist nicht die Apokalypse, sie beendet nichts, sie ist nur sinnloses Leid. Im Gegenteil ist das sinnlose Leid brutaler offenbar, wenn es ohne Bezug zu den letzten Dingen ist. Im Kern des apokalyptischen Weltbildes lebt ein Glaube an die Möglichkeit von echtem Frieden. Er kann erreicht werden durch Annäherung, wenn nur alles endet: Die Konvention, die Verhältnisse, am Ende die Natur selbst. Katastrophen sind keine Enden, sondern Anfänge, ein erneutes Aufbäumen folgt ihnen, kraftvoller als zuvor, kraftvoller und schrecklicher, brutaler, mit weniger Glauben an den Frieden im Herzen.

Link | 20. März 2011, 23 Uhr 54 | Kommentare (3)


gefährlich, roh, offen (butchered-open), bereit; mit bitterem Charme alle Loyalitäten für nichtig erklärend, kompromisslos (im Angesicht von Synchronizitäten herausgefordert): durchaus bereit, denselben Fehler zweimal zu machen, verächtlich gegen die Klugheit (mit endlosem Lebenszeitkredit schließlich), zweimal, oder immer wieder: ein Fehler vielleicht, aber der richtige Fehler; Irrtum auf der Seite der mythischen Intensität.

[Möhre Transzendenz der Maultiere]

Link | 19. März 2011, 20 Uhr 46 | Kommentare (1)


Man braucht nur die Musik wieder anzustellen und die Bücher wieder aufzuschlagen; da ist sie wieder, die dunkle Welt der Wahrheit.

Link | 19. März 2011, 16 Uhr 34



parler aux chats
sentir le premier soleil de printemps sur ma peau
il n’ya rien a faire, le temps est la qui me taraude
je reçois décharges électriques
de neuralgie de temps

l’image d’une maison silencieuse
d’un jardin sous la neige
d’un jour de pluie
une barrière par dessus je caresse un cheval

Link | 19. März 2011, 0 Uhr 02 | Kommentare (1)


Irgendwann sickert die Idee ein, daß man sich das Recht verdient hat, bestimmte Leute zu beleidigen. Ein gefährlicher Moment, besonders wenn es stimmt.

Link | 6. März 2011, 19 Uhr 27 | Kommentare (1)


Das waren sonderbare Wochen: Während die Bewohner der Stadt Kairo, jeden Tag ein bisschen deutlicher, bewiesen, daß sie sehr viel klüger, zivilisierter, am Ende bürgerlicher und stolzer waren als ihnen irgendjemand zugetraut hätte, am allerwenigsten die Arroganz der angstbesetzten deutschen Bescheidwisserei über alles Arabische, trennte sich hierzuland im Zuge der Aufdeckung eines wissenschaftlichen Betrugs die Spreu für ein paar Tage vom Weizen, und der westdeutsche Zynismus zeigte sein Gesicht: All diejenigen, die wirklich kein Konzept von Integrität haben, hatten Gelegenheit, ihr Anderssein weithin, in aller Unschuld, fragenden Blicks, zu demonstrieren, und sich bedroht zu fühlen von der unheimlichen und übermächtigen Front jener, die nach einem Kriterium urteilen, das ihnen, den Zynikern, zutiefst unverständlich ist und das sie nur deuten können als besonders perfides, besonders selbstgerechtes Machtmittel — mit dem es diesmal, Hetze, Zauberei, sogar gelungen war, die FAZ umzudrehen.

[Dazu kommt aber, daß die moralischen Räume tatsächlich enger werden, es keine Ruhe mehr gibt vor dem allsehenden Blick des strengen Mensch-Gottes, keine Taschen der Immoralität, keine lokalen Blasen, in denen vergangene Vergehen keine Rolle spielen und man gemeinsam schweigend vor sich hinstirbt, um sich nicht hassen zu müssen: Die Zeit der Zonen der Sünde ist vorbei. Unerbittlich urteilt die Welt vor sich her und überall hin, und ich stelle noch einmal die These auf, daß diese unerbittliche Urteilstotalität den Zynismus befördert, er ist die Kapitulation, eine Folge der Überforderung: Weil über alles, auch über die Länge des Spülvorgangs am Klo, moralisch geurteilt wird, klinkt sich der überforderte Geist der Schwachen aus und erklärt das alles für verlogen. Eine grantige Version echter Ehrlichkeit, das Stehen-zum-Drecksau-Sein, eben der westdeutsche Zynismus, ersetzt das zusammengebrochene Integritätskonzept.]

Link | 6. März 2011, 17 Uhr 39 | Kommentare (6)