Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Die Tannenwälder standen schwarz in den Bergen, bleiern glänzten die Fensterscheiben, und der Himmel hing so tief und so dunkel herunter, als müsse eine tintige Flüssigkeit gleich herauslaufen aus ihm. Meine Schläfen schmerzten mich so unsäglich, daß ich mich niederlegen musste, und ich erinnere mich genau, daß, als das Aspirin, das Paul mir gegeben hatte, zu wirken begann, hinter meinen Lidern zwei seltsame, unheilvolle Flecken sich lauernd bewegten.

Es ist einer dieser parallelen Einbrüche von Dunkelheit und Schwäche bei Sebald: Das Sichniederlegenmüssen, den-Tag-verlieren an eine unheimliche Einheit einer unvorhersehbaren körperlichen Gebrechlichkeit mit einer nur scheinbar unbeteiligten und äußeren Wetterstimmung. Sicherlich gibt es eine Lesart, in der dieses tintige Körperwetter aus Geschichte entsteht, wenn sie sich verdichtet, aber zugleich darf man diese Passagen unmittelbar lesen, als Beschreibungen einer spukhaften Erfahrung von Alter, die man früh macht.

Link | 19. Juli 2016, 23 Uhr 37


Über der fernen Ziggurat bewegen sich die Vögel in zwei entgegengesetzten Spiralen, und davor: Wind und rissige Trockenheit in salziger Sonne. Du tastest nach dem Beutel mit den Malachiten. Für einen Moment, als Du stehenbleibst, wirkt die Szene unbewegt, dann setzen sich die Spiralen wieder in Bewegung.

Link | 10. Juli 2016, 23 Uhr 26


Wenn man nachts auf eine Insel zurudert, verschieben sich die Farben. Der Nachthimmel wird blauer und heller gegen das reglose Öl der Oberfläche. Wo sie aufgerissen wird von den Ruderbättern, taucht das Nachtblau in Wirbeln in den Spiegel hinein und zerstiebt in der Tiefe. Die Insel ist nur eine Kristallisation auf der glatten Grenze, eine sich ausbreitende Störung des Horizonts, und ein Licht in einem Fenster: Dort oben, in der Enge des Raums unter dem Dach, liegen die Bücher, die von der Weite handeln, von einem Boot unter dem reichen Himmel.

[Natürlich wird es interessanter, wenn man noch einen Prinzen und einen Dolch erfindet]

Link | 5. Juli 2016, 23 Uhr 06 | Kommentare (1)


Ein Rattenhaufen, staubig, im Gaslicht, übereinander. Der pure Expressionismus, keine gerade Linie, Kopfsteinpflaster, flackernde Fenster, ein Korb voller Ratten. Immer noch da, unter dem Pflaster liegt das tummlige Gewühl; der polierte Granit verdeckt es, die snom-Telefone wissen nichts davon. Es ist nicht der heiße Wind unter den Schwingen des Engels, es ist der tote Staub der Keller, ein Fingerabdruck auf einer Keramiksicherung, schwarze Drehschalter, halbrund LICHT und Draht, low dpi: Schon nicht mehr wahrnehmbar für die tätowierten Freunde der craft beer-Kultur.

Link | 1. Juli 2016, 0 Uhr 33