Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Pagan Folk Festival. Eigentlich nur wegen In Gowan Ring streunte ich über die Straße ins Kesselhaus. Beim Warten hörte ich mehrfach das Wort Mittelaltermarkt sagen und fühlte mich fehl, dann kam das Mädchen in den Häkelsachen und es ging mir ein wenig besser. B’eirth spielte; es war sehr schön, ich dachte: Der Abend hat sich gelohnt, geh nach Hause.

Dann allerdings kam Sieben, den ich nicht kannte. Das war atemberaubend. Ein Mann und eine Geige und ein mit Pedalen bedienter Sequencer. Matt Howden baut seine Stücke auf der Bühne zusammen, ein Klopfen auf die Geige, ein Schaben: eine Schleife, genug Struktur für die nächste Schicht; nicht die letzte, nicht in Stein. Er spielt und singt über seiner unmittelbaren Vergangenheit und hinterlässt dabei Spuren, die später aus dem Hintergrund auftauchen mit neuem Kontext und veränderter Bedeutung, als leise Echos oder überraschende Fügungen. Es entsteht eine Struktur aus Überschreibung und Einschreibung, und nebenbei bricht die Hölle los, weil das Zeug rockt und dich holen kommt: Ein Mann mit einer Geige. Katholiken, verbrennt diesen Mann. Das Mädchen mit den Häkelsachen kann tanzen zu sowas.

Faun kannte ich ebenfalls nicht. Alte Instrumente auf der Bühne und der Bandchef sagt immer „Händegeklapper“. Ich war nicht sicher, ob ich jetzt Mittelalter-Kindergarten ertrüge, im Publikum schienen mir auch plötzlich so viele In-Extremo-Shirts zu sein, es roch (ohne Flachs) nach Eukalyptus und ich machte auch schon die Endvierzigerin mit Hexen-Ambitionen aus, die gleich exaltiert zu tanzen beginnen würde (was sie unvermeidlich tat). Ich blieb. Es war Mittelalter-Kindergarten, aber auf eine sehr, sehr gute Art. Die Faun-Leute sind ohne Zweifel große Sympathen, und da soll man kein Spielverderber sein, also mitgefreut. Das Mädchen mit den Häkelsachen stellte sich wieder zu mir, nicht auszuschließen, daß ich sie anstrahlte.

Nach Mitternacht: The Trip Goes On von In Gowan Ring. Ich hatte uns alle sehr lieb. Das Mädchen mit den Häkelsachen, als fürchte der Fußboden sich vor ihrer versunkenen Konzentration, schritt zum Merchandise.

Link | 12. Oktober 2007, 0 Uhr 36 | Kommentare (4)


4 Comments


Hm, das was Du da über Matt Howden schreibst, klingt ganz genau so wie das, was Owen Pallett alias Final Fantasy auf der Bühne macht. Der hat mich damals außerordentlich beeindruckt, vielleicht interessiert Dich das ja auch…

Kommentar by Sprachspielerin | 11:16




Nie gehört, wird erforscht! Danke!

[Einige Youtube-Minuten später -]

Ja! Ähnliche Technik, allerdings, so weit ich das sagen kann, weniger finster und komplex, weniger treibend, niedlicher, ohne den Pakt.

Kommentar by spalanzani | 13:47




Also, bei ‚weniger komplex‘ muss ich jetzt einfach mal widersprechen: rhythmisch Komplexeres als Final Fantasy wird es in der Rock/Popmusik wohl kaum geben… und niedlich finde ich es auch nicht, die Albumversionen können teilweise ziemlich bedrohlich, schmerzlich, beängstigend und lebensmüde sein. Alles andere bleibt eine Geschmacksfrage.

Kommentar by Sprachspielerin | 19:34




Ja, das war natürlich unvorsichtig von mir. Wie gesagt, ich habe nur ein paar Minuten Youtube gesehen und eine weitere Erforschung auf später verschoben.

Kommentar by spalanzani | 15:12