Von Weitem schon sah man Mauern und erleuchtete Fenster hinter den Bäumen: Eine klare Masse über quellenden Kronen, denen die Nacht einen Rest tiefsten Grüns gelassen hatte und die sich bewegten in sich selbst, durcheinander und übereinander, in Aufstieg und Niedersinken beseelter Laubmassen. Zwischen den Parkbäumen näherte ich mich dem steinernen Komplex, einer Anstalt in jüngerer Zeit, ohne auf das Geräusch meiner Schritte zu achten oder die Schatten. Aus den hellen Fenstern dort oben würde niemand mich entdecken in der Dunkelheit. Lange hatte ich gewartet auf diese Nacht, die mir versprochen wurde in einem Brief auf leichtem Papier: Eine unverdächtige Reise, ein Kissen im Fenster.
Spät wurde es, bis alles schlief und ich, wartend unter dem Kissen, den Schlüssel empfing wie vereinbart. Für einen Augenblick glaubte ich die Silhouette einer Frau im Fenster zu sehen, ich erkannte sie nicht; sie blieb ein Abstraktum aus Haar, Hüften und einer schmalen Schleife, die den Ausschnitt ihres Hemdes hielt.
Ich wusste nicht, ob die anderen im Zimmer wussten, daß ich käme, nichts wäre unangenehmer gewesen als die Panikschreie geweckter Mädchen, die einen unbekannten Mann in ihrer Mitte fanden, aber es musste gewagt werden. Vorsichtig setzte ich meine Schritte, glühendes Linoleum unter den Füßen. Fünf Betten gab es im Zimmer, zwei Etagenbetten und ein einzeln stehendes, ein Glücksfall. Sicher hatte sie das einzelne am Fenster erobert. (Ich ahnte dort eine leichte Bewegung.)
Zwei schnelle Schritte führten mich an die Bettkante. In der Tiefe des Raumes seufzte eine kleine Stimme, ich wusste nicht: Im Schlaf oder in wacher, resignierter Erwartung des Kommenden. Vorsichtig griff ich den Saum der Decke, zitternd legte ich Zentimeter um Zentimeter ihrer weichen Gestalt frei, und sie war es. Die zum Hemd passende Hose sah ich über dem Fußende des Bettes hängen im Halblicht, und bevor ich die Tragweite dieser Entdeckung begriffen hatte, leuchteten ihr Arsch und die lange weiße Linie ihres Oberschenkels silbern auf vor mir. Sie tat, als schliefe sie, aber das unruhige Glück in ihrem Gesicht verriet sie und die gespannte Kraft, mit der sie ihren Hinterkopf in meine Hand drückte, als ich ihr Haar berührte. Sie drehte sich auf den Rücken, legte ein zweites Bein zum ersten und eine Dunkelheit dorthin, wo die beiden sich berührten, eine berstenwollende Landschaft, die ich gerne betrachtet hätte, aber eine bestimmende Hand fasste mich an der Schulter und zog mich hinab zu einem wilden Kuß — ich denke, wir lachten uns ein unhörbar-ironisches „Hallo“ zu, bevor wir in bewegte Hitze versanken — und ich mußte mich mit Berührung begnügen, einer langen Reise meiner Hand von den Knien hinauf zum Hemdsaum, wo ich innehielt und wir uns lösten voneinander. Nur mit einem Bein kniete ich auf der Kante ihres Bettes, und so konnte ich mich aufrichten und zusehen, wie sie sich des Hemdes entledigte und sich zurücklegte, lächelnd, meinem Blick folgend, sich nackt wissend, das Lächeln, das Haar, Titten, Wölbung und Beine, eins angewinkelt mit zarten Gruben, die Spannung verrieten. Ihre Hand näherte sich auf dem Stoff meinem Schwanz, während ich das Hemd auszog, und griff zu, als ich mit einem Bein aus der Hose war, sie küsste mich noch einmal, während sie mich gepackt hielt, ließ mich dann los mit Lippen und Hand, drehte sich um, hob die Hüften vom Laken und stieß ihren Arsch ins Licht, und wir paarten uns klatschend. Als ich zu mir kam und meinen eigenen Atem von ihrem wieder unterscheiden konnte, hörte ich die fremden Laute aus der Tiefe des Zimmers, ein Wimmern, und ein zweites Geräusch, schwerer, unruhiger Atem. Nebenan sah ich eine Decke sich aufbäumen und zuckend zur Ruhe kommen, eine Hand im Krampf vergessen im Laken. Die Hand in meiner Mitte führte mich zurück in die Hitze, mit nassen Fingern stützte ich mich ins Kissen und suchte mit den Lippen ihren Hals, diesmal waren wir gründlicher und langsamer, ihr Atem schwer und laut, fest passte ihr Arsch in meine Hände und ihre Beine herrschten mit zarter Gewalt. Mit konzentrierter Gelassenheit bemerkte ich meine quellende Befreiung, hinein in die Hitze. Ich spürte meine Arme nicht bis hinauf in die Schultern, wach registrierte ich das während der letzten Stöße, und zugleich hörte ich das ferne Atmen härter werden — ich hatte einen Augenblick Zeit, mir unser Bild im Licht vor dem Fenster vorzustellen, wie es von einem der Hochbetten aus aussehen mochte: mich, mit durchgedrücktem Kreuz, erstarrend und bebend, hineingedrängt zwischen die Beine meiner schönen Geliebten mit dem zerwühlten Haar — und erst, als ich mich schon erschöpft hatte, sie zitterte und ich, ihre Schultern packend, über ihr hinfiel, verlor auch ich Bewusstsein und Kontrolle.
[Habt euch lieb und werdet durstig]
Von der vielfachen Natur der Schwierigkeiten beim Schreiben von Pornographie: Du hast, wenn du dir Pornographie vornimmst, drei wesentliche, im Grunde unlösbare Probleme, die die Sache interessant machen. Erstens: Die Zufälligkeit und Beschränktheit deiner eigenen sexuellen Disposition. Möglicherweise könntest du alle Arten interessanter Ideen haben auf dem Gebiet des Verkehrs mit Platzhaltern, allein: Die Platzhalter lassen dich kalt. Wenn du dich an ihnen versuchst, bevor du entsprechend dazugelernt hast, wirst du jämmerlich, jämmerlich scheitern. Zweitens: Du hast keine Sprache. Du schreibst keine „erotische Literatur“, keinen blaudurchzarteten Ersatz für Verzagte und Prinzipielle. Du musst herzeigen, und das bedeutet einen Abgrund der Anatomie. Dein Vokabular ist minimal, und du musst dich anfreunden damit, daß du ihm nicht entkommst. Du wirst das derbe Wort benutzen, wieder und wieder — obwohl es verrottet ist, von Jahren schlüpfriger Comedy und allen armseligen Tölpeln deiner Jugend verdorben: Du brauchst den dirty talk, und also muß es weh tun. Schließlich Drittens: Du schreibst einen lächerlichen Text, und all deine Reflexe versuchen, das zu verhindern. Der Sinn der Sache (deiner Produktion) ist, daß deine Leser sich anfassen wollen, weniger wär‘ überflüssig. Wenn sie das von vornherein nicht wollen, aus allen legitimen oder illegitimen Formen der Prüderie heraus, oder weil sie deine Vorlieben nicht teilen, oder weil sie gerade eben einem Erholungs-Dampfbad entstiegen sind mit zitternden Knien und summenden Häuten, oder weil sie die Unverschämtheit begehen, den Text von hinten nach vorn zu lesen, oder zu schnell — dann bist du der Autor eines Textes, der nichts ist als lachhaft (denn es gibt kaum etwas lachhafteres als Lüsternheit im Auge der Nüchternen). Zu Drittens gehört drei a: Du schreibst für die falschen Leser. Du denkst dir deine Leser (nehmen wir an) als schöne Frauen, als eine Abstraktion deiner Personnage und Inkarnation. Die Perspektivität aber wird dich holen kommen, und deine Leser (ignorier das!) — sind dir ekelhaft ähnlich.