Vigilien

is there any any? nowhere known some?

eine Ecke des Raums war abgeteilt mit einer dünnen Wand unter Kacheln, ein Rohr spuckte dort achselzuckend kaltes Wasser aus der Wand. Man entstieg dieser Dusche in die Mitte des hohen Zimmers, wo ein großes wurmstichiges Bett seine Zerwühltheit preisgab, dem Duschenden und den Nachbarn auf der anderen Seite der Straße, durch drei hohe, weit geöffnete, staubige Fenster ohne Vorhänge. Man entstieg dieser Dusche in die Mitte des Zimmers, das römische Hupkonzert und den Zweitaktgeruch halbverbrannten Benzins hinein.

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Der Nachtzug aus Kairo war in besonders halsbrecherischem Tempo durch den eigentlich ungefährlichen Teil Ägyptens geprescht, und die Klimaanlange befand sich in ebenso übereifrigem Aufruhr wie der ganze Zug, der raste ohne Rücksicht auf den teilweise bedenklichen Zustand der Strecke, und bockte und zuckte. Niemand von uns hatte in der schneidenden Kälte ein Auge zugetan, und als wir in Luxor ankamen, das uns tags darauf provinziell und vertraut erscheinen würde, war es noch dunkel. Mir war übel. Wir trugen unsere Koffer selbst zu dem kleinen Hotel, das dem Schwager eines neugewonnen ägyptischen Freundes gehörte. Er ließ uns verschlafen ein, zeigte uns das Zimmer, in dem wir den Vormittag zubringen könnten, und verschwand wieder zwischen den Kacheln seiner Eingangshalle. Wir saßen wach auf nackten Betten und froren im Halbdunkel. Die einzige Glühbirne glomm so nackt und deprimierend, daß wir sie wieder abschalteten, nachdem wir den funktionierenden Schalter ermittelt hatten. Der Waschraum über den Gang, den ich irgendwann schweigend aufsuchte, weil mir schlecht war, war sehr dreckig. Eine Badewanne, ein Waschbecken, eine Schüssel, in der untilgbar Papier schwamm. Ich war mir nicht sicher, ob dieses Papier bei der Einweisung vorgekommen war, mir war so: Es gab etwas, was man damit tun musste oder auf keinen Fall tun durfte. Ich erinnerte mich nicht. Über die Wannenwand zogen sich braune Schlieren, über die beigen Kacheln braune Schlieren und Sprünge. Das Licht kam, durch braune Schlieren, von einer zu einem Halbkreis gebogenen Neonröhre über dem Waschbecken, die leise summte. Die andere Hälfte des Neonkreises war defekt. Ich blieb lange dort und versuchte mich zu erinnern, was bei der Einweisung über Papier gesagt wurde, und die schlierige Röhre summte leise.

Später, als mir leichter war, und kurz bevor die Sonne erschien, traten wir halbwach auf den Balkon hinaus, um den Tag zu begrüßen.

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Link | 22. Februar 2009, 20 Uhr 19