Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Plötzlich unbändige Lust, eine Schildkröte anzuschaffen. Faules kleines Sympathietier, kann man draufklopfen und abends mümmelt’s Salat.

(Geh weg, kleine Regung, geh weg; weg von mir, weiche! Machst mich ja zum Affen vor aller Welt!)

Link | 9. Juni 2005, 12 Uhr 48 | Kommentare (10)


10 Comments


Und vor allem, natürlich, dafür:

„Um 1840 gehörte es vorübergehend zum guten Ton, Schildkröten in den Passagen spazieren zu führen. Der Flaneur ließ sich gern sein Tempo von ihnen vorschreiben. Wäre es nach ihm gegangen, so hätte der Fortschritt diesen Pas lernen müssen.“

Walter Benjamin – Passagenwerk

Kommentar by zak | 13:31




genau das, lieber herr zak, habe ich auch gerade dazu schreiben wollen. allerdings hätte ich dann den flaneur zitiert.

Kommentar by cato | 14:21




Wir sind ja auch schwer vorbelastet, liebstes Fräulein Cato. Ich hoffe, Sie verzeihen mir mein ungebührliches Vorgreifen. Besos von hier nach da.

Kommentar by zak | 16:19




Sie soll doch nicht weggehen, die kleine Regung. Tun Sie’s.

[Es herrschte Stille in der Altbauwohnung. Nur hin und wieder wurde sie durch das Umblättern der Buchseiten unterbrochen. Leises Rascheln im Flur deutete eine weitere Anwesenheit an: die Schildkröte. (…)]

Kommentar by jzy | 16:32




Dazu reiche man: eine maulige Kommode.

Kommentar by Sennedjmet | 22:08




sie werden es nicht glauben, aber als kind hatte ich auch eine schildkröte und dieser band ich sogar eine kordel um den panzer, um sie durch die elterliche kleingartensiedlung zu führen. schildkröten sind herrlich unkompliziert. man könnte sie ja auch walter nennen. oder benjamin.

Kommentar by cato | 15:40




Sie machen mir Spaß. Ich stelle mir also vor: Ich erwerbe solch ein Panzer-Tier und gelbe Gamaschen. Das Tier nenne ich Benjamin; Walter kann man nach 10 Jahren Comedy überhaupt nur noch jemanden nennen, der wenigstens eine Einkommenssteuererklärung korrekt ausfüllen kann.

Und dann gehe ich also flanieren, stelle ich mir vor, manisch die Finger in das Band aus tiefrotem Samt gekrallt, in den Passagen dieser Stadt, und rufe den rosafarbenen Blondgefärbten, die zwischen H&M und Orsay die Gänge durchschnappen, verzweifelt zu: Aber doch nicht drauftreten, bitteee!

Nein, es geht nicht, so dick ist kein Panzer. Flanieren mit Schildkröte mag ein Aufstand gegen die Zeit gewesen sein, aber die Zeit für derlei gesittete Aufstände ist längst passé. Die Schildkrötenhaltung ist nichts für mich, fürchte ich.

[Aber tiefroter Samt!]

Kommentar by spalanzani | 15:52




da gäbe es noch alternativ die riesenschildkröte, vor der die blondgefärbten orsay-jünger erschrecken und flüchten und deren panzer um einiges resistenter ist. oh, wäre das ein kinderbuchtitel: die riesenschildkröte benjamin und wie sie den samt lieben lernte…

Kommentar by cato | 8:42




Warum überhaupt die arme Schildkröte den Passagen aussetzen? Der Spalanzani hat recht: das wäre nur möglich auf einem Exklusivitätsniveau, das das Vorhandensein von H&M nebst Orsay und den zugehörgen Massen ohnehin ausschließt.
Nein, so einen Mitbewohner hat man im Verborgenem, nur in der eigenen Altbauwohnung nebst Balkon (oder im Garten); man führt ihn nicht spazieren nach dem Motto „seht her, das ist meine Schildkröte Benjamin“. Im Stillen genießen ist angesagt. Nur den besseren Freunden davon erzählen.
Im Übrigen muss so eine Schildkröte unbedingt anders heißen – vielleicht Mathilda?

Kommentar by jzy | 9:42




eines meiner lieblingskinderbücher handelte von einer schildkröte, die hieß Tranquila. das fände ich in der tat sehr schön. ich und Tranquila, die ruhe eines späten sommernachmittags genießend.

Kommentar by andreaffm | 11:49