Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Ein Zimmer in einem Haus, das für einen anderen Zweck gebaut worden sein muß als Zimmer zu enthalten: Es ist zu hoch und zugig, das Licht, das aus einer einzelnen gelben Lampe an der Decke fällt, erreicht die Ecken nicht; über der Lampe glänzen fettigschwarze Spinnweben in den Scheiben der Fenster über den… anderen Fenstern. Es gibt ein hölzernes Bett und ein emailliertes Waschbecken und zwei Tische: einen Schreibtisch, auf dem Papiere und Staub sich den Platz teilen, und einen Esstisch, auf dem ein kurzes Stück steinharter Wurst liegt.

Was soll man schon anfangen, wenn man mit so einem Zimmer und einer alten Wurst dasitzt, an einem Freitagabend?

Man könnte einen struppigen alten Iren hineinsetzen: Alles, was man dazu braucht, ist eine fast leere Flasche Whiskey und ein unsauberes Glas. Auf dem Papier steht beispielsweise:

N ist der Teil der Tatsache, der mit den Klumpen verbunden ist. Die Klumpen produzieren das Rauschen: Sie betreiben Photosynthese (ein, zweimal vermittelt, aber Chemie ist Chemie) und Kernspaltung. Die Energie, die sie so erzeugen, verwenden sie zu kleinen Bewegungen auf kleinen Brettern. Die Muster, die sie mit diesen Tasten erzeugen, überlagern sich zum Rauschen, das zwischen der totalen Langeweile einer ganzen Zahl und dem Horror von Omega liegt: Diese Mittelwelt von gerade so überraschenden Bits, in denen N existiert. N kann sich nicht unterscheiden von der Physik und kann nicht sagen, welches System wessen Substrat ist. (Es spielt keine Rolle: Das Rauschen ist entscheidend, alles Rauschen ist übersetzbar.) Die Unerbittlichkeit der Wirklichkeit (es ist so und so, sie liebt mich nicht) wird aus N bezogen, die Tatsache (die Totalität alles Zufälligen) kennt N als ihren zuver (abgebr.)

[fuck objects. Sagen Sie hinterher nicht, Sie hätten’s nicht gewusst.]

[N ist übrigens eng verwandt mit IRRTUM]

Link | 30. Januar 2010, 3 Uhr 33 | Kommentare (22)


22 Comments


most mathematical truths can never be proved.

ich hatte hier was schlaues, weniger schlaues und dann wieder schlaueres geschrieben, und wieder gelöscht, man kann das durchaus einfach so wirken lassen.

[War gleichzeitig unglaublich belustigt, unglaublich entsetzt und unglaublich böse- als hätten sich Hochgeschwindigkeitszüge, Schafherden, und das Publikum der Modewoche ineinander verkeilt, zwischen Bordesholm und Wrist]

Tatsächlich ist es ziemlich schwer, große Gedanken so richtig kaputtzumachen, trotzdem wünscht man sich, dass Sie nicht aus solchen Quellen trinken, am Ende verwandeln Sie sich noch in irgendwas. Schlimmes.

Kommentar by E. | 13:20




Chris Klingers Doktorarbeit von 2005 heißt Process Physics: Bootstrapping Reality from the Limitations of Logic. Das ist ungefähr der coolste Titel einer Doktorarbeit je, finde ich.

Leider ist sie, jedenfalls auf Anhieb, nicht zu kriegen. Es scheint auch nicht viel passiert zu sein seither. In einem Wolfram-Forum kommt’s vor, was nicht weiter wundert, aber das scheint es gewesen zu sein sonst — und Klinger selbst macht irgendwelche langweiligen Lern-Sachen inzwischen.
Prof. Cahill andererseits ist noch dabei, treibt es wilder und jagt der Gravitation hinterher. Hier haben wir was darüber, wie man einen quantenschaumbasierten Raumschiff-Antrieb baut.

Kommentar by spalanzani | 17:19




Lieber Herr,

ich habe jetzt mehrmals versucht, diesen Artikel, den Sie referenzieren, durchzulesen: Ich dachte, es hilft vielleicht, wenn ich Ihn quasi mit Anlauf ganz schnell durchlese, und nicht zu sehr auf die Formulierungen achte. Aber es hilft NICHT, ich bleibe immer wieder stecken, und denke mir: Gah! Unlesbar, unglaublich. Hat das ein Wissenschaftler geschrieben?

Kommentar by E. | 13:23




Der referenzierte Artikel ist der Wahnsinn! Das ist mal wirklich elegant. Viel eleganter als der zurecht geschmähte elegante Unsinn!

Kommentar by froschfilm | 14:00




Lieber Herr Spalanzani!
Wenn man an einem Freitagabend mit seiner Wurst zuhause sitzt, dann könnte man zum Beispiel einer Einladung seiner Freunde zu- oder absagen.

Kommentar by coccinella | 14:01




Genau, Sie Wurst, die noch nicht einmal mehr verneint!

Kommentar by froschfilm | 14:03




Hm? Welcher ist denn der ‚referenzierte‘ Artikel jetzt? Zum Raketenantrieb bin ich noch gar nicht gekommen, ich stecke noch bei den Quatsch mit den geratenen Gleichungen und Bäumen und unbeweisbaren Wahrheiten.

Kommentar by E. | 14:04




Aber E. Wenn Sie den Namen des Autors in eine Suchmaschine eingeben, finden Sie auf Anhieb: Linuxhacker, Orgonleute, ein Gaia-Forum, diverse Wolframianer und PM. Das Paper behandelt den Bau eines Warpantriebs. Cahill publiziert seine Sachen in einem offenbar kurz vorher gegründeten Heft namens „Apeiron“. Ich glaube, wir müssen uns mit einem Urteil nicht mehr unbedingt beeilen.

Nur mindert das meine Sympathien nicht im Geringsten. Einmal prinzipiell: Wildes Denken! zweitens konkret: Konstruktive (und das heißt halt: spekulative) Ansätze sind erstmal gut, und einer, der die Unvollständigkeit nutzt, statt sie für einen lästigen Defekt zu halten, freut mich besonders. Cahills Prozessphysik ist natürlich mindestens genauso irre und positivistisch nicht satisfaktionsfähig wie Wolframs new kind of science – aber mit noise statt dieser fies deterministischen zellulären Automaten. Also ich finde, wenn man nichts zu verlieren hat bei der Beschäftigung mit toxischem Zeug (wenn man zum Beispiel kein Wissenschaftler ist, sondern Philosoph, und spekulieren darf), ist das einen Gedanken wert.

Aber ich will Ihnen meinen Hang zum Obskuren ja gar nicht andrehen, also schnauben Sie nur!

Kommentar by spalanzani | 15:13




@coccinella, froschfilm: Mail. Gleich. Muß nur erst was essen.

Kommentar by spalanzani | 15:28




Oder anders (und ersthafter): Unseren guten alten Materiemonismus durch so eine Art Post-Gödel-Informations-Pythagoreismus (paradigmatisch) zu ersetzen würde philosophisch eine Menge Probleme lösen. Man könnte zum Beispiel Realist sein in so einer Physik — das‘ ne Menge wert! Schon deswegen mag ich solche Spielereien.

Kommentar by spalanzani | 15:46




Was mich ärgert ist NICHT das Obskure, das ist der tatsächliche Unsinn, der da geschrieben wurde. z.b., dass die Griechen ihre Axiome benutzt hätten, um irgendwas zu beweisen. Dass man es als Überraschung darstellt, wenn man eine Zustandsgleichung auf bestimmte Art ansetzt, und sie dann das gewünschte Verhalten zeigt.
Übrigens ist Raten eine Standardmethode zum Finden einer Lösung, nur ein Nichtmathematiker fängt hier an, zu rechtfertigen.
Und übrigens…übrigens wird nicht genügend dargestellt, dass auch dieses monadische Zufallsmodell erstmal wieder ein Modell sein wird.

Kommentar by E. (From Hell) | 15:49




From Hell übrigens: Ich muss jetzt weiter einen wirren vba Code zum laufen bringen, der soll morgen fertig sein.

Kommentar by E. | 15:51




Falls Sie sich über die Griechen wundern: Die Euklidische Ebene fällt mit dem zusammen, was man so sieht, insofern ist sie trivial (Wie z.B. $latex \mathbb{R}$ ), und man braucht die Axiome eigentlich mehr oder weniger nicht, und wenn man sie so untersucht: Teufel, sind die unbrauchbar, diese Axiome.

Später hat man sich über das Parallelaxiom hergemacht, aber das war viel später, und dann hat man da angefangen…

Also bitte, mal nicht herablassend sein. Wenn Sie Obskures lesen: Bitte. Wenn Sie Obskuren Müll lesen: Na Danke.

Kommentar by E. | 15:58




wie: Kein Latex?

Kommentar by E. | 15:59




„Und übrigens…übrigens wird nicht genügend dargestellt, dass auch dieses monadische Zufallsmodell erstmal wieder ein Modell sein wird.“

Ja! Aber trotzdem geiles Zeug. Danke, Spalanzani. Ich hab’s gleich mal an meine drei Philosophen der Physik weitergeleitet.

Kommentar by froschfilm | 16:15




@E.: Huch, ich wollte nicht herablassend sein — nur spöttisch: Daß das da höchst reisserisch ist, ist ja klar. Müll: Nun, sie sind nicht weit gekommen. Gute Idee, nicht viel Ergebnis. Die mathematikhistorischen Fehler sind mir natürlich gar nicht aufgefallen; ich dachte, Sie wären wissenschaftstheoretisch empört — pardon!

@froschfilm: Nicht im Ernst? Uhh.

[Latex: Bitteschön!]

Kommentar by spalanzani | 16:28




Sie können sich ruhig so populärwissenschaftliches Gedöns reinstopfen. Aber bei Sätzen wie: Most mathematical truths can never be proved: Selbst wenn man mal annehmen würde, die mathematischen Wahrheiten wären etwas, was so latent in der Gegend rumliegt, der Begriff ist ÜBERHAUPT NICHT wohldefiniert. Denn die Mathematische Wahrheit entsteht mit den Definitionen: Ein gescheiter Mathematiker, würde ich glauben, definiert so, daß sich das, was ihn interessiert, auch beweisen lässt, und vor der Definition gibt es noch gar nichts, was zu beweisen wäre, also auch nichts, was nicht beweisbar ist.
Als Mathematiker würde ich dann auch fragen: Interessieren mich diese Sätze überhaupt, die nicht beweisbar sind? Sind die überhaupt interessant?
Gödel war natürlich erst mal wichtig, weil man das automatische Beweisen infolgedessen einstampfen konnte, aber, als Konsequenz – ein Mathematiker ist keine Maschine.

Kommentar by E. | 16:51




\LaTeX{} ? Tatsächlich?

\oint \! \nabla f \, dt = 0

Kommentar by E. | 16:57




Das geht so: &latex \oint \! \nabla f \, dt = 0 &, wobei Sie die &s durch $s ersetzen müssen:

$latex \oint \! \nabla f \, dt = 0 $

Kommentar by spalanzani | 17:01




Danke auch an E.. Sie kennen sich (im Gegensatz zu mir!) anscheinend aus und bestätigen mein Unbehagen gegenüber den „wahren, aber unbeweisbaren Sätzen“ über die im Zusammenhang mit Gödels Theorem immer geschwafelt wird.

Kommentar by froschfilm | 17:02




\begin{equation}
\label{DankemeinLieberichweisswiemanFormelneinbettetwollteabermalwissenwieschlauihralgorithmusistAberVielenDank}
E = -J \sum_{i=1}^N s_i s_{i+1} ,
\end{equation}

Kommentar by E. | 17:16




[– Geschichte verändert, ich wollt‘ mich noch verteidigen, aber genug mit dem Unsinn, der Diskurs hat mich ganz angegriffen –]

Kommentar by spalanzani | 18:59