Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Gewohnheitsmäßig und interesselos schaue ich Frauen hinterher auf der Insel im Neckar. Ein Typ grillt für sich und seine dünn & hauteng umkleidete Freundin, der Typ ist feist und grinst und hat zu Spitzchen gegeelte Haare mit dunklem Ansatz; ich bin so froh, ihn einmal nur abstrakt verabscheuen zu müssen. Auf der Mauer auf der anderen Flußseite: Röcke, Röcke. Wenn ich nochmal ein hübsches Wesen in diesen weißen, oft auch noch zu kurzen Mehrfachglocken-Röcken sehe, verliere ich a. den Glauben an den Rock als überlegenes Frauenbeinkleid und b. explodiert bei H&M eine Granate, ein geiferndes Bekennerschreiben wird auch gefunden.

Schläfrig, mit leicht tauber Nase und Drehen im Kopf liege ich da, es ist zu warm. Die Zeit vergeht unglaublich langsam, wenigstens eine Stunde lang sehe ich alle fünf Minuten auf die Uhr und denke: Noch zwei Stunden, irgendwie. Es ist zu warm, der Muschg kühlt zwar ein wenig, aber die Belämmerung bleibt, immer mal wieder ein Paar Beine in den Augenwinkeln, in Tübingen sind sie jung und tragen Röcke. Meine Abneigung gegen Tübingen ist immer Unsinn gewesen, beschließe ich. Nehme ich dann zurück, den Beschluß, ist mir doch zu anbahnerisch hier; Jungmänner der Republik, wenn ihr euch fortpflanzen wollt, denke ich, kommt nach Tübingen, fruchtbares Fleisch heißt euch willkommen, freie Auswahl, Wechsel jederzeit vor der Zeugung.

Mein Unwohlsein wird aber gescholten und nur der Hitze angelastet. Eigentlich ist alles gut, eigentlich sollte es doch so sein: Ohne eigenen Grund in irgendwelche Städte fahren, an ihren Flüssen herumliegen, lesen und zuschauen. Das ist doch hervorragend, und gleich vervielfacht sich auch die Minuten-pro-Stunde-Zahl wieder.

Neben dem Rechner steht ein herlitz-Locher mit Bravo-Stickern, die Joshua Cadison, Take That und Anna Nicole Smith zeigen. Ach, denke ich, mehr eigentlich nicht, aber die Stimmung beim Achdenken ist… wohl: vage erleichtert.

Drückend ist es, sehr drückend. Bis zum Gewitter, das nachts die Zecher unter dem Fenster verjagt. Ich werde wach, weil die Zimmertür aufgeht und E. sich ärgert, mit der Empörung eines Menschen, dem die Naturgesetze die Treue versagen: Ich habe diese Tür gerade abgeschlossen!. Ich blockiere die Tür, die sich wegen Kabeln nicht zuklinken lässt, mit einer Lampe und bekomme auch gleich eine ungeschickt-schläfrige kleine Kopfstreichelei als Belohnung. Draußen ist nur ein einzelner Zecher übrig, der sich mit erhobenen Armen ins Wassergepeitsch stellt, als wär’s nicht bloß ein Sommergewitter.

[Aber diese feisten Typen mit kurzen Haaren, nochsportlich, noch mit sportlichem Gehabe, prall in ihren Häuten und schon überall ausgedellt, mit Kind oder noch ohne, sportsport.]

Link | 25. Juni 2005, 10 Uhr 51