Vigilien

is there any any? nowhere known some?

My father said, don’t look away
You got to be strong, you got to be bold, now
He said, that in the end it is beauty
That is going to save the world, now
And she moves among the sparrows
And she floats upon the breeze

Menschen, dort: Unentschiedene Frisur*n, praktisch, aber doch nicht so kurz, daß man darüber reden würde (Frauen). Dreiviertelhosen, als sei’s verordnet. Umgebundene Pullover; tief hängende, fast leere Rucksäcke. Stoppelfrisur*n bei den Männern und Fremdkörperschuhe. Weil man dort gewesen sein muß, weil alles groß ist und mondän.

Die Bedienung im australischen Laden am Hochglanzort, unten im bengalischen Glitzerpalast, besteht komplett aus white trash. Aufwendige Frisur*n mit Kopfhautfenstern, Zeug um die Augen und die spitzen Kanten ausschweifender Verbitterung im Gesicht.

Es ist hier wirklich alles so ehrlich und unverhohlen, so offenbar alles: Das ist es jetzt. 2005.

Am freischwebenden Brunnen sitzen sechzehnjährige aus dem ganzen Land und schauen Werbefernsehen auf dem LED-Schirm. Sie sind aber unverwüstlich, sie sehen auch noch großartig aus, wenn sie in zu tief unter den Hüften sitzenden Hosen Werbung anstarren. Die sind in Berlin, die erleben was. Davon erzählen sie in ein paar Jahren. Große Zeit. Findet gerade statt. Hier. Ich gehe vorbei, mit den Büchern. Ich bin Kolorit. Ich mag es. Aber immer das Bedürfnis, mich dazuzusetzen und witzig und charmant und faszinierend zu sein und aus der wilden Welt der guten Dinge zu erzählen, nur als Strategie, gegen den Ort. Das wäre schönes Scheitern, denke ich mir, und selten denke ich gröberen Unsinn.

Deutsche Dialekte, fast häufiger noch als Amerikanisch oder Spanisch. Kaum Hochdeutsch.

Im Josty war ich lange nicht. Sie machen ganz gute Schokolade dort.

Die Büros sind vermutlich leer. Der Konzern leitet sein Europa jetzt von London aus (ein Machtkampf in Tokyo, hört man.) Das ist sie dann wohl. Der australische Laden ist farbig beleuchtet, Aboriginal-Zitate.

Hier Leben 2005. Kommen Sie und essen Sie Känguruh in Ethnodeko, bedient von schlechtgelaunten Ganzkörperraspeln. Schauen sie auf den leeren Palast des Konzerns, wie er von blau nach lila wechselt. Bewundern Sie Größe. Sehen Sie das Josty. (Emil und die Detektive kennen Sie doch!) Vergessen Sie nicht, wem Sie den Brunnen verdanken, den freischwebenden Brunnen unter den Leuchtdioden.

Die letzte Piazza.

And she moves among the sparrows
And she floats upon the breeze

Link | 17. August 2005, 1 Uhr 26 | Kommentare (2)


2 Comments


Ergänzung: Das alte Josty (das mW mit dem jetzigen nichts außer dem Namen gemein hat) befand sich übrinx Trautenaustr./Kaiserallee (heute Bundesallee) in Wilmersdorf, ganz dicht beim Nikolsburger Platz:

http://berliner-stadtplan.com/?gps=3801%7C6518&size=650×500&zoom=100&style=&map.x=444&map.y=182

Parole Emil!

Kommentar by stralau | 9:41




Oh — ich muß mich korrigieren: Die Schweizer Konditorei Josty wurde an der Stechbahn (in der Nähe des Schlosses) gegründet, zog 1890 zum Potsdamer Platz um.

Kästner beschreibt das Josty allerdings Trautenaustr./Kaiserallee. Entweder hat er es bewußt verlegt (dafür spricht, daß er im Buch erwähnt, er habe die Orte verändert) oder es gab eine Filiale in Wilmersdorf (dafür spricht, daß er an anderer Stelle behauptet, er habe das Buch auf der Terasse des Josty in der Trautenaustr./Kaiserallee geschrieben).

Kommentar by stralau | 11:20