Der elend öde Markt ist, vermutlich als Notwendigkeit, durchaus erträglich, solange es die Vereinbarung gibt, daß dahinter etwas Eigentliches ist, für das er ertragen wird. Die Vereinbarung ist gekündigt. Das wussten Sie schon, ich weiß.
Die Zweigbibliothek Philosophie der Humboldt-Universität beklebt ihren Fußboden neuerdings mit Werbung für professionell organisierte Studentenparties. Kotzen, kotzen, kotzen müsste man, daß es nur so schwappen sollte, zwischen den Regalen. Damit den gedruckten toten Herrschaften klar wird, wo der Pegel steht.
Warum eigentlich? Es kommt ein bisschen Geld ins Haus, mit dem kann man die Bücher nachkaufen, die die Studenten unentwegt klauen, und das kleine Stück Werbung am Boden stört keinen. Man achtet einfach nicht drauf. Auch die neuen Plakatrahmen zwischen den schwarzen Brettern – wer wird so kleinlich sein? Alles nicht so schlimm, es bedeutet gar nichts, es sind nur Zeichen der finanziellen Krise.
Nein. Scheiß der Hund auf die finanzielle Krise. Zeichen der finanziellen Krise sind es, wenn Bücher fehlen und schrottreife Rechner flimmern. Zeichen einer Krise ganz anderer Art sind es, wenn eine Universität so etwas macht. Dann hat sie sich aufgegeben. Die Exzellenz-Rhetorik des Präsidenten war immer suspekt, die Politikerreden im Audimax auch, das Engagement von McKinsey, aus der Humboldt eine High-Potential-Schmiede zu machen (Win-Win-Situation) gar nicht mißzuverstehen. Aber Werbung in der Philosophiebibliothek – das war’s dann. Es macht keinen Unterschied, wie man zu Bildung steht. Ob man an den alten SPD-Mist von der kostenlosen Bildung auch für Dumpfbacken glaubt oder ein hochmütiges reaktionäres snobistisches Kleinbürgerlein ist – das geht nicht.
Da nimmt jemand den Marx im Foyer sehr ernst und verändert die Welt.
Macht weiter so! Entweiht die Tempel, es hält euch doch längst keiner mehr. Nur zu, nur zu, her damit, gebt mir mehr davon. Die IKEA-Großformate nicht nur in die Bahnhöfe, sondern auch in den großen Lesesaal der Staatsbibliothek am Potsdamer Platz – da sitzt die Zielgruppe konzentriert und lernt auf’s Staatsexamen. Weg mit den „Handy aus!“-Einblendungen in der Philharmonie, nur Kultursponsoring durch Jamba kann den Stadard retten. Wickelt die Neue Nationalgalerie meinetwegen in Charmin‘ ein. Mir entgegen, fahr mir ins Gesicht, Pesthauch. Schneller, macht schneller, traut ihr euch nicht oder schämt ihr euch etwa noch?