Der Glamour des Reisens hängt bekanntlich nicht vom Reiseziel oder von den eingesetzten Barmitteln ab, sondern fast ausschließlich davon, wie verzweifelt man unterwegs ist, oder alternativ, wie ernsthaft (und mit wem) man auf einer Reise trinkt. Wer weder Grund noch Gelegenheit dazu hat, reist banal.
Ich wohne im Courtyard in Xujiahui. Auf dem Dach des 23stöckigen Gebäudes leuchtet golden eine Pagode, die aussieht, als sei das Haus über Nacht, als die Pagode ahnungslos schlief, wie ein Pilz aus dem Boden geschossen und habe das überraschte Tempelchen eher beiläufig an seinen absurden luftigen Ort gehoben. Es handelt sich bei diesem Courtyard um ein nach allen Maßgaben sehr gutes Hotel, und, vermutlich weil alle zur Verfügung stehende Geschmacklosigkeit in die Dachbedeckung schon investiert war, ist hier vom weichen Leder über dem Bett bis zum dunklen Holz der Schiebetür zur Waschecke alles sehr schön geraten: Das vornehme chinesische Original zu einem vulgären Abklatsch, den ich in Frankfurt schon zweimal zu bewohnen das Pech hatte.
Dieses leicht erhöhte Level an Luxus, das ich mir bei einem privat ausgesuchten Hotel noch lange nicht leisten würde, nehme ich inzwischen mit großer Selbstverständlichkeit hin. Es ist ein sehr gut gemachtes, aber: eins von diesen Hotels. Teil der internationalen Infrastruktur von Flughäfen, Sicherheitschecks, Taxis, Restaurants und gut gemachten Hotels für Leute, die das machen, was ich gerade mache: Das vieltausendstimmige beständige Gebrabbel des internationalen Businessdiskurses weiterbrabbeln. Was für eine gigantische Verschwendung von Hotels und Flugzeugen, man könnte Schulklassen herumschicken, die wüssten zumindest gute Zeit draus zu erzeugen. Geld zu verdienen, glaube ich, macht nur wirklich Spaß, wenn man es unmittelbar und in rauen Mengen verdient. Alle, die das nicht können, sollten nunmal wenigstens ihre Würde retten, d.h. ihre Zeit offensiv verschwenden.