Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Ich bin ertappt: Mein Windows läuft mit „Classic“-Stil. Hatte ich vergessen, bei der Installation so eingestellt und vergessen. Dann, nach dem Ertapptwerden, das andere Zeug probiert. Mein Gott. Verläufe, 3D-Trompes, Reflexionen, Schatten und der ganze infantile Mist, bloß weg damit; schlimm genug, daß schon die XP-Icons für den Geschmack von dreijährigen Amerikanern gemacht sind und aussehen, als müsse man sie sofort lutschen und feststellen, daß sie nach Erdbeeraroma schmecken. Der größte Knaller ist das Firewall-Icon, ein freundliches Ziegelmäuerchen, über das schamhaft der Erdenball linst.

Die Augen am Mac ausruhen wollen und festgestellt: Die wissen, was sie tun bei Apple, wenn sie metallener werden, zur Zeit. Die Aqua-Scrollbalken machen aber Brechreiz, selbst wenn man ihnen, wie bei mir hier, wenigstens die Farbe abnimmt. Die ganze falsche Dreidimensionalität und die Knuddligkeiten aktueller Anwendungen hängen mir dermaßen zum Halse heraus — das war alles schon immer ein Irrtum.

Gegen Schatten-Ebeneneffekte bei Buttons wettere ich schon, seit sich diese Pest mit der Photoshop-Proliferation vor fast einem Jahrzehnt im Web verbreitete und bis heute nicht wieder auszurotten ist. Aqua mochte und mag ich trotz 3D-Quatsch, aber wohl nur im Vergleich zur Knuddel-Konkurrenz oder den inkonsequenten Untaten der KDEler.

Effekt-Bullshit wird gemacht, weil er geht. So ist das nunmal. Ob etwas gut und frisch aussieht oder nicht hat damit aber nichts zu tun. Eine GUI nach meinem Geschmack käme ohne Schreibtischmetapher und Icons aus, wäre nicht ein Tisch mit hierarchischen Aktenkästen drauf, sondern die Oberfläche eines Informationssees, aus dem Information und Interaktion quasi auftauchen. Weg mit der Vielfensterei und also: Weg mit den Schatten. Das Geschehen spielte sich auf überwiegend leeren Flächen ab, auf denen immer genau das passiert, was gerade passiert (ein Weblog-Eintrag — sonst nichts. Gar nichts.) Die Optik wäre mehr von Typographie, Flächen und Abständen bestimmt als von Effekten. Zwei, drei Farben gleichzeitig, mehr nicht, die aber veränderlich wären. (Man stelle sich ein Interface vor, das sich „aufwärmt“, wenn man mit ihm arbeitet, also mit beginnendem Flow farblich wärmer wird, beweglicher, schneller, und mehr Information einblendet.)

(Ich will kein simuliertes Büro in meinem Rechner. Ich will einen Wald, einen See, eine Ebene. Etwas, wofür ich gemacht bin. Eine andere Art der Produktivität wär’s vermutlich schon, eine andere Art der Effizienz, manche Sachen würden länger dauern, bestimmt, aber es würden auch ganz andere Sachen passieren, wenn die Oberfläche Teil eines Prozesses werden würde, nicht nur ein schnelles, aber gern sperriges Werkzeug der Exekution, eine bürokratische Maschine.)

[Folgen des 3D-Ekels]

[Der Umgang meiner Mitmenschen mit Farbe ist mir meist ein Rätsel]

[„Wo hast du deine Designkenntnisse her? — aus der brand eins?“ — nein, ich bin ganz kenntnisfrei. Gottlob. Die brand eins sah aber, glaub‘ ich, gut aus, als ich sie in seligen Tagen zuletzt, Obacht: schaute.]

Link | 24. November 2005, 14 Uhr 50 | Kommentare (5)


5 Comments


„Der Umgang meiner Mitmenschen mit Farbe ist mir meist ein Rätsel“ ist ja spaßig und freundlich ausgedrückt (vielleicht söllten Sie uns ein Vigilien-Stylesheet anbieten).

GUIs sollen meiner Meinung nach hauptsächlich funktionieren, d.h., dem Nutzer ein leichtes Arbeiten ermöglichen und ihn möglichst wenig dabei stören (auch wenn Sie natürlich recht haben, daß unterschiedliche Ansätze auch verschiedene Arten zu arbeiten zur Folge haben).

Aqua ist, was den Fluß betrifft, ziemlich vernünftig (auch wenn man immer wieder inkonsequente Details entdeckt), was aber sehr stört ist die Größe. Zuviel Platz wird für GUI-Elemente verschenkt, der dann zum richtigen Arbeiten fehlt.

Kommentar by stralau | 15:34




Ich finde ja letztlich Eingabezeilen wieder erlernenswert oder Tastaturkürzel. Letzteres ist bei mir manchmal etwas schwierig, weil ich mir schon Telefonnummern nicht merken kann, ersteres praktiziere ich, weil ich an meinem Arbeitsplatz heimlich Firefox installiert habe.

‚firefox.exe‘ hat dann was von flüstern. Ich bin der firefoxflüsterer.

Kommentar by goncourt | 15:57




goncourt: Das Geheimnis mit Tastaturkürzeln ist, daß man sie sich nicht als Zeichenkette merken darf, sondern als Kombinationen aus Fingerpositionen (funktioniert auch bei Telefonnummern sehr gut).

Man ist dann aber aufgeschmissen, wenn man vor einem anderen Tastaturlayout sitzt.

Kommentar by stralau | 16:04




Genau. Nach dem Motto: Meine Bankgeheimzahl ist ein schräges Ypsilon von unten nach oben.
Sowas kann sehr schnell sehr unproduktiv werden…

Kommentar by Sonntagsblogger | 18:34




back to ye olde schwarzweiß-monitor!

ich hab ja letztens ein richtiges mikrosoft-wörd (eigentlich sogar eine ganze büro-suite) für mein ibook bekommen. als erstes hat das mal sämtliche doc-icons auf meinem schreibtisch in knubbelige blaue blättchen mit kleinem a drauf verwandelt. war ich schonmal begeistert. dann dieses klotzige w, das aussieht, wie aus wabbelpudding mit schlumpfaroma gegossen, damit verschandelt man sich sein dock auch nur ungern, das kann man eigentlich nur schamhaft in den applikationen-ordner schieben und hoffen, daß es keiner sieht. leider geht das wörd dann aber ungefragt bei jedem mist auf, obwohl das dokument zuletzt in text edit gespeichert wurde, weil sich das zeug auch noch penetrant in den vordergrund drängeln muß. dieser protestantische arbeitseifer, verbunden mit katholischem protz. zur strafe hab ich dem wörd dann alle symbolleisten weggeklickt, bis auf eine, die „mac classic“ heißt. das hat’s jetzt davon.

(und immer wieder gern: am pc sitzen, ctrl-B drücken und sich wundern, wo die fettigkeit bleibt.)

Kommentar by andreaffm | 11:11