Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Es ist klar wie ein Bergbach mit zappelnd vor dem Rechen stehenden Forellen inzwischen: Die alte Kaskade Leben -> Fimmel -> Kommodifizierung -> Full-on-Fernsehscheißdreck -> Nachleben-als-T-Shirt-Motiv ist nicht mehr, ist ein Ding des zwanzigsten Jahrhunderts, passiert nicht mehr, kommt nimmermehr wieder.

Oh, die Popkultur stagniert, was machen wir bloß.

Was wir jetzt statt der alten Kaskade haben hat den Vorteil, immerhin reichlich konfus zu sein und die Kriegsgewinnler der alten Kaskade, also exemplarisch die Bevölkerung von ganz Köln ca. 1999, komplett verwirrt im Regen neben dem jetzt plötzlich sehr schlammigen und forellenlosen Bach zurückzulassen, wo sie jammern und klagen. Gut, die sind wir schonmal los.

Was wir statt der alten Kaskade haben hat zwei Ebenen.

Obendrauf ist so eine Art Nacht der Welt: Bei Zara ist immer mal drei Tage Hair und drei Tage Super Trooper und drei Tage Flanellhemd und dann wieder Blume im Haar, für immer, und an der Zarakasse dreht ein Clown (sieht aus wie Lagerfeld mit roter Nase) die Ka-Tsching-Kurbel und schreit Mode Mode Mode. Es ist natürlich auch der trübsten Tasse klar, daß der Clown das nicht so meint, aber was soll man machen.

Untendrunter gibt es die Fanatiker, die sich in einem Teil des in der Kulturgeschichte erschöpfend erschlossenen Möglichkeitenraums des Menschseins niederlassen und in die Raumfalten und -klüfte gehen. In der Breite waren wir sequentiell überall, jetzt gehen wir parallel in die Tiefen von allem, erschlossen über das Koordinatensystem Dekade/Subkultur/Stadt.

Und dieses Koordinatensystem verweist eben nicht in die Zeit zurück, sondern in den zeitlosen Raum der Stimmungsmöglichkeiten: Hört auf zu jammern. (Könnt Ihr nicht, weiß ich, transzendentale Miserabilisten seid ihr und werdet ihr sein bis ihr vergessen seid und niemand sich an Eure Nicht-ganz-Revolte erinnert.)

Es geht jetzt darum, diese Unterströmung des uninteressanten Nacht-der-Welt-Internet-und-Zara-Quatsches zu umarmen und abzutauchen in die Klüfte, es gibt viel zu verstehen und ist alles nicht wenig aufregend.

(In der U-Bahn: Weiße kurze Wuschelhaare, bodenlanges rotes Samtkleid, graue hohe Lackschuhe, Kopfhörer Holz und Chrom. Sagenhaft, eine Art pagane Bordpriesterin für ein Luftschiff: Sail!)

[Wasser Wasser]

Link | 17. November 2018, 3 Uhr 34