Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Das Vorhandenseins einer Schwimmbadruine war kein explizites Kriterium für die Auswahl eines Hauses gewesen, aber im direkten Vergleich konnte kein Zweifel bleiben, daß Häuser ganz ohne Schwimmbad oder Häuser mit funktionierenden, kleinen Schwimmbädern die Anziehungskraft eines Hauses mit einer seit Jahrzehnten nicht benutzten, aber gewaltigen Schwimmhalle nicht aufbieten konnten.

Die nutzlos gewordene und von vornherein wahnhaft zu groß angelegte Halle, separat errichtet als Nebenanlage um die Zeit meiner Geburt herum, nur durch einen unterirdischen Gang oder vom Garten her zu erreichen, bot ein erstaunlich dunkelserenes Raumgefühl unter einer von tragenden, fast schwarzen Leimholzbalken strukturierte Decke mit Spotstrahlern in den leeren Pool, zu den beheizten Bänken und auf die Keramiken, die auf der Stirnseite der Halle eine weite hügelige Hunsrück- oder Eifellandschaft sowie Blumen in Braun- Gelb- und Ockertönen zeigten. Ein hinterleuchteter Fries aus bemalten Kacheln vor Holz setzte die bäuerlichen Themen auf der gesamten Nordseite der Halle fort, während auf der Südseite verschiebbare Glasemelemnte den Raum zum Garten und zu einer überdachten Außenküche mit Kamin offen ließen.

Diese Außenküche vervollständigte die Voraussetzungen für ein sommerliches Leben im Garten, in dem das Haus selbst (ein seinerzeit klassisch von einem nicht unbekannten Frankfurter Architekten angelegter Bungalow) überhaupt nur noch – geblendet-dunkel – betreten werden musste auf dem Weg hinaus aus dem Garten und hinunter in die Stadt: Ein überkragendes Flachdach, unter dem man im Freien schlafen würde können, Frühstück draußen, Dusche im Schwimmbad, Bücher unter den Bäumen, eine kalte Flasche bitterer Limonade im Kühlschrank.

Eigentlich interessant machte die Sache allerdings nicht diese Vorstellung langer schläfriger Sommerstarren, sondern der Gedanke an die Regentage und Herbstnächte, wenn die nutzlose, ins Halbdunkel verwaschende Halle angefüllt werden würde mit Edward Ka-Spels Abandoned Laboratory-Aufnahmen, und wo reglos im leeren hohen Raum und in diesen Geräuschen zu sitzen sich lohnte. Die Figuren auf der bemalten Keramik würden sich einprägen bei diesen Sitzungen, und das wäre eine schöne Lebensaufgabe.

Später, sollte man sich zu einem wirtschaftlichen Niedergang entschließen müssen, ließen sich hier die Lecks im Dach statt mit Eimern gut mit elektrischen, im Pool und über die Kacheln verteilten Herdplatten behandeln, auf die Wassertropfen fünf Meter durch die freie Luft würden fallen müssen, so daß über die Jahre bei Regenwetter ein den Raum durchziehendes Ploppen Zischen und Korrodieren begänne und ein immer gefährlicher werdendes Geflecht von Geräuschen und feuchter Elektrizität vom Wohnzimmer aus, durch die großen Glasscheiben, jederzeit besichtigbar wäre.

Link | 26. Januar 2020, 15 Uhr 32