Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Der Präturbokapitalistische Liebreiz von genialen Produktnamen wie „Brölio“: Ostalgie für Wessis.

Mein Verhältnis zur Universität verschlechtert sich rapide, seit ich es wage, auf Nachfrage zuzugeben, daß mir nicht nach Promotion zumute ist. Es ist ein Affront. Und Grund für einen Verdacht: Vielleicht tut der bloß so schlau und es würde ihm auch einfach keiner einen Doktor geben; er hat einfach versagt und schützt jetzt sein großes Ego.

Witzigerweise klagen dieselben Leute, bei denen ich dieses irritierte Stirnrunzeln sehe, selbst permanent über die Zustände. Der Unterschied ist offenbar in der Bewertung. Diese Leute haben Auftrag (immer eine Form der Verzweiflung), ich nur einfach Interesse. Ihre Empörung darüber, daß die Welt ihnen Wertschätzung und zunehmend auch den bequemen Lebensstil der Akademiker versagen will, weitet sich gewissermaßen auf mich aus, weil ich mir erlaube, zu stolz zu sein, um noch einmal zwanzig Jahre kleine Demütigungen durch übermächtige Oberakademiker einerseits und eine vollkommen ignorante Wissenschaftspolitik andererseits zu ertragen. Ich begehe damit eine Frechheit gegenüber Menschen, die an ihre Macht und die Wichtigkeit ihres Tuns glauben. Sich da zu entziehen ist dreist. Schon bemerke ich, wie sie anfangen, mich nicht ernst zu nehmen. Ich bin nicht mehr satisfaktionsfähig. Ich spreche als so ein Würstchen, das ernsthaft daran denkt, sich aufs Geldverdienen einzulassen. Ein Parvenu, eigentlich ein Hochstapler, der den Jargon der Wissenschaft entweiht: Sie werfen mir ihre eigene wachsende Bitterkeit vor, die sie sich vor mir nicht eingestehen wollen und die ich mir selbst nicht antun will; es ist schon jetzt schlimm genug, es muß aufhören.

[Übrigens habe ich es gründlich satt, über die Frage nach dem Egoschutz nachzudenken: Meine Güte, es gibt keine Kriterien dafür, was in so einer Quatschwissenschaft wie der Philosophie gute Arbeit ist und was nicht. Es sitzen Professoren auf Professuren, die auf wissenschaftstheoretische Argumentationen damit antworten, daß man mit naturwissenschaftlichen Modellen die „energetischen Prozesse“ im Universum unmöglich beschreiben könne — und es gibt keine Verbindlichkeiten, die man als Hebel benutzen könnte, um ihnen nachzuweisen, daß sie da bloß Grütze im Hirn haben. Keine. De facto sind alle Bewertungen in der Philosophie sozial, und das geht mir nicht auf den Wecker, weil es so ist, oder wegen schlechter Bewertungen (die es nicht gegeben hat), sondern weil es einfach ein unerträglicher doublethink-Irrsinn ist, so tun zu müssen, als sei es anders. Was mir wirklich übel genommen wurde in der Magisterarbeit war, daß ich gezwinkert habe an einigen Stellen.

[Und wie sie dann in den Gutachten schreiben: Der hat gezwinkert. Man darf in Graudierungsarbeiten nicht zwinkern, das müsste er doch gelernt haben, hat er nichts gelernt? Eine einzige Lektion gab es zu lernen (Was wir machen ist wichtig und alternativlos), und die glaubt er, ignorieren zu dürfen? Für wen hält er sich? — Ich sage ja, es ist der reine Irrsinn.]]

Einen, der einen Blaumann trug und etwas jünger war als ich, beneidete ich: Er sah aus als würde er sich gleich am Kiosk die Gamestar kaufen und heute Abend mit zwei Kumpels eine Runde daddeln. Feierabend, dachte ich, Mensch: Feierabend!

Eine, die etwas planlos in ihren Stiefeln stand, gefiel mir gut; auch weil sie so schwer einzuschätzen war. Sah aus wie eine, die auch kein Essen mit mehr als zwei Komponenten selbst zubereiten würde im Alltag; und als habe sie Chipstüten unterm Bett und überall kleine Kleiderhaufen herumliegen, die vielleicht mal gewaschen werden müssten: So eine zarte Rockerin, eine, die auch mal mitschubst, aber am Ende doch nichts mit einem Bikertier anfangen würde; also die Bodycount-T-Shirt-Sorte. Diese Projektionen schon wieder.

Link | 8. November 2006, 14 Uhr 11