Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Wie die aus dem Fokus gezwungene Zuneigung sich auf die Welt legt und sich in jeder langsamen Bewegung niederlässt, sich verbreitert und ausdehnt auf einen morgen nicht mehr besorgten Ofen und seine Geister, die sich still an die Kacheln lehnen, und glost wie Kohle im Dunkel.

Je älter ich werde, desto klarer wird mir, wie zentral und wie irrational diese Kategorie im Kern meines Weltbildes ist: Es gibt die, die sehen (die Magier), und die, die es nicht können. Ich kann nicht sagen, woran ich die einen oder die anderen erkenne. Ich behandle die nichtmagischen Menschen auch gar nicht anders, ich weiß nur, daß sie manche Sachen nicht verstehen. Es fehlt ihnen ein Sinn, ich verzeihe ihnen, aber meine Gewissheiten lassen mir keine Möglichkeit, sie lediglich anders zu finden, ich nehme sie durchaus als leicht behindert wahr; sie verdienen Mitleid. Es ist die reine Esoterik. Sei’s drum. Solange ich sonst noch bei Sinnen bin.

Ich merke auch bei Kunst den Unterschied: Worum es da geht. Ob das Kommunikation zwischen Magiern ist oder Wurzeln in den Zweckverhältnissen der Welt hat. Jawohl: Ich ziehe diesen raunenden Jargon der Magie dem Jargon des Kunst-Handwerks vor, sehenden Auges. Es schadet nichts, daß der Schwärmerei Tür und Tor geöffnet wird, denn es gibt zweierlei Schwärmerei. Es kommt tatsächlich sehr darauf an, wer dummes Zeug redet.

In wenigstens halbwegs klaren Begriffen könnte man vielleicht sagen: Es geht um Metaphern. Es geht um die Fähigkeit, in einer Wahrnehmung die Macht zu spüren, die sie als Metapher verleiht. Wir Menschen sind in dieser Welt zu Hause mit Hilfe eines Säugetiergehirns, das sich (als solches) seit Generationen selbst mißbraucht und kulturell weiterformt. Jedes einzelne muß aber den Griff auf die Welt, die Fähigkeit zur Grenzziehung in den Daten, die eigentliche begriffliche Urteilskraft lernen mit dem vorgegebenem Wahrnehmungsapparat und dem immergleichen Schatz an Phänomenen, aus denen die eigene Sprache entwickelt wird und die ihr Bedeutung verleihen. Denken ist durch und durch metaphorisch. (Es ist ja bemerkenswert, daß das vollkommen Logische, die Logik nämlich, entwickelt werden musste in der Geistesgeschichte.) — Die Magier, jene also, denen ich meine geheimnisvolle Qualität zuspreche, haben gelernt, in der Wahrnehmung ihre metaphorische Macht mitzusehen. Gewitterwolken über Granitgipfeln sind ihnen nicht nur Zeichen, einen Spaziergang abzubrechen, sondern zweckfrei die eigentliche Sprache und die Grundlage ihrer begrifflichen Eignung für die Welt: Der letzte Grund, warum wir in der Welt so erstaunlich zu Hause sind. Daß diese Wahrnehmung da ist und zur metaphorischen Verfügung steht, verleiht uns Macht, eine unmäßige Macht in der Fremde. (Magier bestaunen den Reichtum, sie betreiben nicht Bereicherung.)

[Lesen Sie Powys. Oder Faulkner. Capote. Die Deutschen konnten es nie. 1900 haben sie noch einmal darum gekämpft und versagt.]

Link | 7. Dezember 2006, 1 Uhr 08 | Kommentare (1)


Ein Kommentar


oh. vielen dank für diesen text, die aus dem fokus gezwungene zuneigung ist eine perfekte formulierung. (leicht ot: das schönste an powys ist diese tiefenschärfe, ein bild ohne jedes rauschen, gar nicht wirklich metaphorisch, weil er um den selektiven, fokussierenden und hierarchisierenden aspekt des metaphorischen sehens herumkommt, die dinge sind bedeutung, er erzählt sie bloss. so ein blick, der im dichten netz von beziehungen genausoviel grund erkennt wie in der differenzierung, also der möglichkeit, dinge aufzählend zu benennen und zu vereinzeln. pff, studium zu lange her. es ist eher ein großes gleichnis, eine vielstimmigkeit, die für alles ein zuhause findet. 2ter dank für die erinnerung an powys)

Kommentar by hotel mama | 12:04