Vigilien

is there any any? nowhere known some?

So. Schneit also doch. So. Sô.
Verrat. (Immerhin noch nicht hier.)

[Und wie uninteressant die Kälte und das Licht, wie entseelt die Perlmutt-Nachmittage.]

Diese Bitshifterei ist was für Abiturienten, soviel steht fest. Dummheiten für Abiturienten.

Seit zwei Wochen liegen die Hemden zum Bügeln da, ich steige über sie hin, wenn ich ein Glas Wasser brauche. Die Waschmaschine, die ich zum Waschen in die Mitte des schmalen Bades rücken muß, um die Schläuche anschließen zu können, steht seit zwei Wochen in der Mitte des schmalen Bades. Auf dem Weg zum Klo übersteige ich die Schläuche, in zwei Wochen bin ich kein einziges mal hängen geblieben. Gestern nacht habe ich das Geschirr gemacht, es ging nicht mehr: Nicht einmal mehr ein Löffelchen war übrig für den Kirsch-Ehrmann zur Nacht, um dem Hunger Beine zu machen; hungrig zu Bett, weil es keinen Eierlöffel für den Kirschehrmann mehr gab, das war zu erbärmlich. Also habe ich tags darauf das Geschirr gemacht.

Und ich sage ihnen was: Das ist alles genau richtig so. Es ist höchstens noch nicht stumpf genug. Es geht noch viel stumpfer. Vor meinem Ausflug in die Kultivierheit, damals in der Gotlandstraße, habe ich jeden Tag einen Riegel Mars gefrühstückt in der Badewanne, einen Riegel Mars und ein paar Seiten Arno Schmidt oder Borges jeden Morgen, noch heute bemerke ich ein leichtes Ziehen von Glück, im Supermarkt beim Anblick der Marsriegel, dieser widerlichen, nur gefroren überhaupt essbaren Schmierebatzen: Das ist der Luxus schlechter Zeiten, diese Möglichkeit zur Verschwendung, dieses Wegwerfenkönnen von Monaten und Geschmack und Tageslicht, die ungesellige Liebe; das Murphy-hafte, vor allem immer das; die irische Verachtung.

Was mich höchstens stört, ist, daß es so schwierig ist, richtig zu scheitern, wenn man sich (der Stumpfheit wegen) anstrengt. Ein schwererer Stein wäre nicht schlecht, unter dem man auch wirklich zusammenbrechen könnte, und dann befreit sagen: So sei es, nun komm denn, Elend, und sich hinsetzen und abschließen mit der Idee, für selbstbestimmte Arbeit einmal Geld zu bekommen, und fortan eigensinnig altmodische, in jedem Fall adjektivstrotzende Literatur produzieren, die der nach Überschreitung und formaler Radikalität dürstenden In-Crowd unverkäuflich bleibt. Besser als Software allemal, und dann nur rein in die Schublade damit: Das wird ja doch nur besser dadurch, das Zeug.

Schnee, was.

[It was a dark and stormy night, dark and stormy, ganz genau so, ihr Snobs! Gibt es nicht sogar einen Eco-Text dazu…? Ich muß den mal raussuchen.]

[Nein, ich suche ihn jetzt raus. [Minuten vergehen, man hört den Autor im Schatten des im eiskalten Wind schlagenden Rades leise blättern-] Da ist es. In der Nachschrift zum Namen der Rose, unter der Überschrift Die Maske: „Kann einer, der erzählen will, heute noch sagen: »Es war ein klarer spätherbstlicher Morgen gegen Ende November«, ohne sich wie Snoopy zu fühlen?“ — das spielt wohl an auf das hier, wie dem aufmerksamen Leser kaum entgangen sein wird. Wobei die berühmten Worte selbst wiederum von Edward Bulwer-Lytton stammen, diesem angeblich so sagenhaft schlechten Autor, der aber, und das ist das Schönste an alldem, bekanntlich ebenjenes Vril erfunden hat, das bis heute in den Köpfen der Verwirrten, Snoopys und Snoopy-Masken fröhlich weiterspukt, weil der Roman eine breite Unterströmung des europäischen Denkens aufs Schönste gehijackt hat.]

Link | 24. Januar 2007, 20 Uhr 12 | Kommentare (3)


3 Comments


Uh-oh. „Die nach Überschreitung und formaler Radikalität dürstenden In-Crowd.“ Auf wen und was das wohl anspielt?

Kommentar by zak | 8:58




Ich habe Sie auf eine sehr zarte und unschuldige Art und Weise lieb.

Kommentar by Jochen | 11:35




Ich Euch doch auch, alle. Ehrlich.

Und, zak, doch auch und besonders die mitlesenden Adjektiv-Verächter und die Angehörigen der In-Crowd, auf die ich vielleicht ein kleines bisschen, freundschaftlich, angespielt habe. Es ist ja, nebenbei, nicht so, daß ich mich an der Hatz nach formaler Radikalität nicht beteiligen würde oder doch zumindest beteiligen wollte, aber, nun: Das war ja vor allem ein Scheiterns-Projekt, das mich da letzte Nacht umtrieb.

Kommentar by spalanzani | 12:26