Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Die Hoffnung hinaus auf das Unmögliche, daß trotzdem, irrerweise, zu seiner Zeit

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Jeder Versuch, Geld zu verdienen, enthält einen zynischen Kern. Wenn einem nichts mehr einfällt, wenn man sich weitgehend invalidiert hat, dann kommt der Moment, zu denken: Dann kann ich auch genausogut ein wenig arbeiten. Die Meßbarkeit beruflichen Erfolgs als häßliche Krücke der Versehrten.

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Die Kunst im Umgang mit dem unvermeidlichen Zynismus wäre also, ihn im Überlagerungszustand mit weniger unmenschlichen Regungen zu halten.

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Eigenrecht der Wahrnehmung: Eine Art, die Welt zu sehen, muß sich die Frage nach ihrer pathologischen oder immerhin problematischen Herkunft nicht gefallen lassen. (Als ziere ihre Gesundheit die Konvention!)

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Der beherrschende Gestus der Nulljahre, die verzweifelte, krampfhafte Selbstironie: Zigarrenschmauchende Wirtschaftshochschulabsolventen sprechen im selben intelligent-witzelnden Flegelton von sich und ihrer Situation wie Berliner Lumpenpoeten. Es herrscht ein bedingungsloser Wille, die Dinge lächerlich zu finden, es wird schon der Kapitalismus sein, der für alles verantwortlich ist.

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Der Kapitalismus ist das Buch, in dem geschrieben steht. (Der Begriff hat keine Bedeutung mehr, die etwas mit Wirtschaft zu tun hätte, er ist nurmehr der unbewegte Beweger des zynisch-unkenden Fatalismus. — Wir müssen uns selbst sehr hassen inzwischen.)

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Kritik an schlechter Literatur (oder Kunst überhaupt) speist sich derzeit gern aus demselben Flegelgeist, und das muß man mitdenken, wenn beispielsweise über Bücher aus Leipzig oder deutsche Filme gesprochen wird: Die wollen wohl Kunst machen jubeln die Backbenchers schadenfroh, haben sie denn nicht mitbekommen, daß man Kunst nur noch machen darf, um reiche Sammler zu narren oder das Feuilleton vorzuführen? — und wo solche Kritik regiert, soll man sehr vorsichtig sein, daß nichts unter die Räder gerät; schlechte Kunst ist ja nicht schlecht, weil sie in ihrer Art, mit der Welt umzugehen, den Zeitgeist nicht trifft, sondern weil sie überhaupt nichts trifft.

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Natürlich ist nicht das Design der Feind, man sehe sich nur mal am Helmholtzplatz um, es ist eine vollkommen designfreie Spießigkeit, nein, der Feind ist die Öffentlichkeitsarbeit.

Link | 21. April 2007, 13 Uhr 21