Ein Nachmittag im August, in der Kammer meines Herzens. Die Sonne spielt Glissando, doch manche Stellen erreicht sie nicht, auch wenn man sie ihr schutzlos ausliefert. Ein Augenblick, ein ständiges Gefühl. Es gibt nichts, was das Ich tun kann; was es nicht tut, ist nicht ausreichend. Das Richtige blüht in Falschheit auf. Eben auf der Straße am Supermarkt ein Unfall, kurz bevor ich um die Ecke biege. Eine alte Frau sitzt am Straßenrand, schaut blicklos vor sich, von Helfern umringt. Polizei ist schon da; als ich an der Ampel stehe, kommt der Krankenwagen. Die Bewegungen wirken vertraut, die Szene bekannt und surreal. Es ist nichts Schlimmes, nur der Schock. Alle Autodächer wabern in Hitze. Eine hilflose Armbewegung nach oben, fahrig im Nichts endend. Wonach wollen wir greifen? Ich möchte finden und gefunden werden. Wie wir alle. Möchte aufhören damit, durch bloßes Sein Schmerzen zu verursachen. Zu quälen, ohne es zu wollen. Möchte gut sein. Wiederholt gesagt: Die Möglichkeiten sind begrenzt. Dieser Sommer ist ein ungerechter.
[...] So also sehen wir aus. Von außen. So sehen uns sonst nur die anderen. Und doch sehe ich mich so nur selbst. Das nimmt mir keiner ab. Und doch ist von zweien, scheint es, einer zu viel. Überläufer? Aber wer zu wem? Wer sieht denn da wem in die Augen? Augen? Löcher in der eisig glänzenden Fläche und doch undurchlässig, "Seelenfensterlein" nur zum Schein, ohne Tiefe, ohne Dahinter, fremd und ausdruckslos, denn der, der durch sie hindurch sieht und sich von sich gesehen sieht und weiß, steht davor. Wer je vor Spiegeln geweint hat, weiß Bescheid. Was läuft da eigentlich unsichtbar ab, im mondig geliehenen Lichtreflex, zwischen mir und mir? [...]
Christiaan L. Hart Nibbrig - Spiegelschrift
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