Nichts begann

Sein Zelt auf dem Campingplatz Les Pins stand auf einem harten und steinigen Lehmboden zwischen zwei frisch gestutzten Hecken. Mit ihrer exakten Form und ihrem außerirdischen Grün hätten sie auch auf jedem Friedhof eine gute Figur gemacht. Hier sollten sie ihn vor den neugierigen Blicken seiner sehr lebendigen Nachbarn schützen, die gerade mit dem Frühstück fertig waren und jetzt überlegten, ob sie erst zum Geschirrspülen und dann aufs Klo oder vorher zum Zähneputzen und gleich an den See gehen sollten. Er saß bei geschlossenen Türen und Fenstern hinter dem Steuer seines Autos und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Die schnell kletternde Morgensonne schien direkt auf das Blech und er schwitzte, ohne es zu merken.

Er starrte auf das immer genau nach einer Minute verlöschende Display seines iPhones. Wenn der Bildschirm dunkel wurde, drückte er auf den Knopf, gab den Code ein und wischte die Icons zur Seite, um sich ein Bild von ihr anzusehen, auf dem sie ihm aus verschlafenen Augen zublinzelte und mit ihrem vollen Mund einen Kuss für ihn formte. Das Foto war nicht einmal ein halbes Jahr alt. Sie hatte es ihm aus Amerika quer über den Pazifik geschickt, nach einem schweren Streit, als es bei ihr früh am Morgen war und bei ihm schon wieder Nacht, wegen der Zeitverschiebung. Er starrte auf das Bild und rauchte und versuchte sich zu erinnern, während der Nikotinnebel um ihn herum immer dichter wurde. Er dachte, dass etwas zu Ende war und nichts begann.



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