Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Nach zwei vollen Wochen grantiger Isolation mag ich sogar Menschen wieder leiden und fühle mich wohl am Stuttgarter Gate 322, zu dem ich zurückkomme wie zu einem Schlachtfeld der Vergangenheit: Hier, Enkel, fläzte ich, als die Granaten pfiffen, vulgo die Germanwingsknalltüten das Flugzeug aus Wien zum vierten mal abkündigten wegen Schnee, Treiben und undurchsichtiger Entschlossenheit, nur Flugzeuge aus Wien zu akzeptieren obwohl es Nacht war, die Munition knapp und die Meute empört; dort sprang ich in Trichter, als erboste Krawattenmenschen auf Bänke sprangen und Fluggastrechte proklamierten — ach! Das Feld der Ehre!

Heute ist alles friedlich. Wir Gelegenheitsherde tummeln uns. Gucken, gehen ein bisschen durcheinander oder rascheln mit der Zeitung. An der Bar telefonieren welche und nebenan glänzt ein niedlicher kleiner Air-France-Jet in der Sonne.

Link | 25. Juli 2006, 19 Uhr 57 | Kommentare (1)


Was es auch einmal gab: Die vornehme Behaglichkeit von Textiltapeten und dunklen Möbeln. Kleine klickende farbige Holztäfelchen, Quadrate, Dreiecke, Rauten: Daraus legt man Figuren. Glas- und Glasperlenkunsthandwerk. [Schon wieder] Weggeschlucktes warmes Kunstlicht. (Und Xyladecor? Asbest?)

Link | 25. Juli 2006, 1 Uhr 48


Übrigens riecht es nach Heu mit der ersten Luft unter dem Regen.

Dann erst graue Schlieren, dann ist das Licht weg, Sicht nur bis übers erste Feld. Schwarz saugen Gehölze die Dunkelheit in sich auf und verschmelzen dann mit den zersprühten Schlieren.

[Traurig aber, daß es wirklich eine Landschaft ohne Geheimnisse ist. Es verbirgt sich nichts in diesem Regen; nichts lauert in den Böschungen. Die Nutzflächenhaftigkeit. Das verlassene Marienbild am Weg, vor dreihundert Jahren (ungefähr): Rettung vor Hagel.]

Link | 23. Juli 2006, 12 Uhr 14


Manchmal pruste ich heimlich vor mich hin, weil das alles so lächerlich ist. Nicht das bisschen Webzeug hier, da erwarte ich nicht, daß es mich ernährt oder mir auch nur Respekt einbringt, jemand setzt einen Link, jemand löscht einen Link, mehr passiert selten, was soll’s schon; Leute, die man nicht kennt & die leeren Zeichen der Gesellschaft; aber die anderen Möglichkeiten, Universität oder Software oder Optimierung, herrje, ich denke: Du hättest (zum Beispiel) Eisenbahner werden können, da können die Leute reisen und sind pünktlich da, wenn Du es gut machst. Das ist grob weinerlicher Unsinn, es gibt keine Eisenbahner mehr, ich weiß das wohl, das hat spätestens Ende der Sechziger aufgehört, daß man etwas unschuldig sinnvolles machen konnte und nur die Weltpolitik hat es immer verdorben. Die Weltpolitik hat ihre Sache gut gemacht, heute ist es alles dasselbe, man sitzt halt vor Bildschirmen egal was, die Controltaste ist immer an der gleichen Stelle und rechts oben macht man das Fenster zu und findet nicht einmal heraus, warum jemand bereit ist, dafür Geld zu bezahlen: Ob man finsteren Zwecken dient oder überflüssig ist und es gleich morgen auch erfährt. Daß einem das Geld zusteht, das man monatlich bekommt, kann man schon selbst nicht mehr glauben; es ist eher, als erbarme sich eine grämliche ferne Macht spontan dazu. Kein Wunder, für die Knöpfedrückerei? (Das ist ja nicht Entfremdung, es ist eher, daß man zu vertraut ist mit dem, was man tut und produziert, und siehe, es ist schnell mal ein abstruser Scheiß für irgendeinen unerforschten Winkel einer fernen Wertschöpfung.) Man muß sich für sein Dasein nicht rechtfertigen, daß einem aber jemand Geld gibt, damit man sich Sachen kaufen kann, die andere herstellen, dafür schon.

Natürlich gibt es die Bahn nicht mehr, wir haben jetzt diese Fluggesellschaft mit Geburtsfehler, sie ist auf Rädern zur Welt gekommen. Wenigstens ein Techie hätte ich werden können. Einer von denen, die sich poltrig aus The Register vorlesen, immer die Hypes kommen und gehen sehen, im Notfalls auch dafür sorgen, daß an den 19″-Racks die Gehäusebohrungen an den richtigen Stellen sind und es schon immer wussten, daß das nichts wird. Diese Leute sind sich ihrer Sache sehr sicher. (Ich mir ihrer leider doch nicht ganz.)

Auch das hat sich geändert: Daß man sich den Erdball nicht mehr untertan macht. Zu erobern ist da nichts mehr, man muß ihn nicht mehr kleinkriegen und kann dann jubeln wie beim Sport, wenn man ihn wieder irgendwo kleingekriegt hat. Er ist eine Kugel unter der Maus geworden, man kann die nach links schubsen, dann kreiselt sie los. Alles beherrschbar, die Frage ist nur noch, wer wen wie gut beherrscht. Da verliert schnell an Bedeutung, was man so tut; man beschäftigt sich also mit Popmusik (gut! gut! – aber füllt eben die Leere, weil es also eine gibt.)

Meine halbe Abschlußklasse, die dieser Tage den Berufseinstieg vollzieht, macht „Marketing“. Als Unternehmer würde ich diese Leute nicht einstellen. Konzerne stellen sie ein, und Konzerne haben immer gute Gründe.

Irgendwie mag ich mich trotzdem noch nicht gleich bequemen auf einen Posten am Rande des Geschehens, wo wenigstens der Schwachsinn nicht die volle Lebenszeit beanspruchen darf und wo immerhin genug Zeit wäre für Steckenpferde und Altherrentätigkeiten, Büchern Kleinsoftware Saddle Creek und was und wen man sonst noch so mag; vielleicht doch noch nicht.

[Zum Stand der Dinge, aber natürlich nicht einfach so, Finger weg von Uwe Johnson]

Link | 23. Juli 2006, 11 Uhr 21 | Kommentare (1)


(macht so ein aufgeräumtes Geräusch) ooooh Edgar Wallace, super!

Link | 22. Juli 2006, 23 Uhr 02


„Sie war… vage herb, aber wohl nicht in dem Sinn, den man gemeinhin im Kopf hat, wenn man sagt: Ein herbes Mädchen. Auf Photos sah sie so gut aus, daß man hätte denken können, eine Schönheit, aber in Wirklichkeit war sie keine. Sie bewegte sich zu selbstverständlich, sprach zu schnell und war so gar nicht zart mit sich und anderen, auch ihre Züge blieben in Bewegung nicht fein wie auf den Photos. Ihr Gesicht sah eher aus, als werde darin gearbeitet. Prinzessinnengesichter werden nicht benutzt, sie sind einfach da für sich selbst. Anders ihres, ein Werkstattgesicht, wenn es sich bewegte, sie baute darin an ihrem Leben. (Prinzessinnen, hatte sie mir einmal gesagt, kämmen sich nur immer und warten darauf, daß sie das Königreich erben.)

Ich traf sie wieder auf dem Stadtberg, sie saß ohne Warnung auf einer der Bänke am Weg hinauf zu Sankt Georg. Später im Morgengrauen hätte man von dort, wo sie saß, die Stadt sehen können, hätte man Kirche und Berg den Rücken gekehrt: Wie Lanzen die Schornsteine und schief in Reih und Glied der Rauch, langsam sich lösend vom Hintergrund, überall gleich zerblasen und geneigt über den fremden Kopf-Enden der Häuser, verweht nach Osten. So weit war es nicht, noch lange nicht, stockdunkel wäre es gewesen ohne die trüben Laternen, als sie da alleine saß und Hi! zu mir sagte, daß ich aufschreckte und mich umsah mit dem Gefühl, der Hallunzination einer vertrauten Stimme aufgesessen zu sein. Aber da saß sie und freute sich, wie sie sich immer freuen konnte voll auf die Zwölf, noch bevor man Gelegenheit für ein Kompliment gehabt hätte oder eine andere Entwertung ihres Strahlens; eines Gesichtsausdrucks, der nie vor einem Spiegel manipuliert worden war, um die kleine Zahnlücke zu verbergen oder Krähenfüße fernzuhalten. Hi! sagte sie und meinen Namen und amüsierte sich, weil ich erst in der falschen Richtung suchte und hinter mir, bis ich sie fand auf der Bank vor den dunklen Dächern.

Da saß sie also, zufällig auf einer Bank in der Stadt, in der sie längst nicht mehr lebte, und an der Bank musste ich vorbei auf dem nächtlichen Weg zur Eröffnung des Carpenther’s, und so schloß sie sich an und so gerieten wir in diese Nacht, in der sie sich besser auskannte als ich, obwohl es doch meine Stadt war. Das Carpenther’s wurde eröffnet, bevor es richtig fertig war; viel mehr als einen Rohbau aus Beton gab es nicht, ausgeleuchtet mit Bau-Halogenstrahlern unter einem Kran mit träge schwankender Säge am Haken. Nur die Bar war damals schon fertig, derselbe lange Freiluft-Tresen, den Sie heute kennen, nur alles blitzend und neu, transluzent und unverblichen künstlich.

***

Marie zeigte mir zwei Stunden später am anderen Ende der Stadt eine Tür, wusste die Parole zu sagen und ich durfte mit hinein. Von diesem Keller, ich habe kein anderes Wort dafür, hatte ich kaum je mehr als vage Gerüchte gehört. Die Anlage war riesig und dunkelgrün. Ein einzelner Gang vom Gemüt eines jungen Baches sprang herum zwischen sehr vielen Räumen, die keine Türen hatten, aber runde unstete Durchbrüchen zum Gang und untereinander. Die Wände, vollständig mit Teppichboden bedeckt, mäanderten dahin im immer gleichen Grünton. Es gab mattes Kunstlicht aus silberglänzenden, kurzen dicken Metallzylindern, reflexionsfrei verschlungen von dunklem Schiefer am Boden. Wo ausreichend Platz war: Trockene Gestecke, hin und wieder gab es Aquarien in den Durchbrüchen zwischen den Räumen; den Fischen war Farbe gestattet. Es roch kühl und trocken, angenehm, eigentlich: nach Möbeln. Die meisten Räume dröhnten nur lautlos im Licht vor sich hin. In zweien saßen kleine Gesellschaften bei Musik und vielfarbigen Getränken. Marie erklärte mir, wie das hier unten funktionierte: Man kannte eine Telefonnummer und ein paar Leute, die schon länger dazugehörten, rief an und bekam für einen Abend einen Raum und einen Barmann für sich und die Menschen, die man mitbringen wollte. Niemand hatte je bezahlt. Die soziale Kontrolle funktionierte und die Sache war offenbar für genau die richtigen Leute attraktiv. Vermutlich, sagte Marie, wird das bezahlt von einem von denen, die man fast täglich hier unten trifft, aber man kümmerte sich höflicherweise kaum darum. Jemand mit Geld, einer Schwäche für Bondfilme und einer Sehnsucht nach Menschen macht so etwas.

***

Ich kenne Marie schon sehr lange. Es wird interessant, wenn sie auftaucht. Ihre Resourcen an innerer Ordentlichkeit sind unerschöpflich, und so kann sie es sich leisten, in ihrem Leben die jeweils größtmögliche Unordnung aufzusuchen. Nicht daß sie besonders risikofreudig wäre, es ist fast nie wirklich riskant, was sie macht, sie kann nur einfach besser mit Unordnung leben als ich oder jeder andere, den ich kenne. Die Bedrohung durch schleichende Entropie, das Gefühl langsamen Kontrollverlusts und crescendierender Fehlschläge war ihr schon immer fremd. Ihr verdrehtes Gehirn ist mit Durcheinander kurzerhand nicht zu beeindrucken. Vor Jahren, als wir sehr viel Zeit miteinander verbrachten, wohnte sie im fünften Stock eines alten Kaufmannshauses. Ursprünglich war das ein Speicher gewesen mit niederen Decken und sich windenden hölzernen Pfeilern, aber man hatte Wände eingezogen in der Zeit vor den Kriegen, als die Stadt sich zu eng war und Wohnraum knapp. Seit dieser Zeit war nicht ein einziges mal neu tapeziert worden. Rasende Schlingpflanzen in Rot und Gold krochen die Wände entlang und an den niederen Decken leuchteten blaßgrüne Glaskelche mit schrumpligen Rändern. Niemand anders als Marie hätte es dort oben aushalten können. Man erreichte die Wohnung über ein tiefes, quadratisches und überdimensioniertes Treppenhaus, die letzten zwei Etagen, die ehemaligen Speicher, nur über schmale, geländerlose Treppen. (Der Kran war außer Betrieb.)

Ich verbrachte damals viel Zeit dort oben und nicht nur, weil mir vor dem Abstieg grauste.

Es war keine große Liebesgeschichte, jedenfalls für Marie nicht. Sentimental war sie nicht. Wir passten gut zu einander und hatten viel Zeit. Wir stritten uns über Max Frisch, um Gründe zur Versöhnung zu haben, ich bewunderte ihre bleiche Undurchschaubarkeit und die glatten Haare (wie auf Führerschein- oder Fahndungsplakatphotos), auch wenn sie schlief. Mehr weiß ich nicht.

Übrigens war sie es, die die alte Vertrautheit um diese neue ergänzt hatte. Sachlich. Gelassen. Mit einer einfachen leisen Frage und wissendem Lächeln und ein paar sicheren Bewegungen. Es fühlte sich nicht lange seltsam an.

***

Das Gelände, das wir „das Kreuz“ nannten, fanden wir bei einem Spaziergang durch die Villenvororte. Zwischen einem Neubaugebiet, auf dem junge Schwörerhaus-Klötzchen sprossen, den First… gerade-aus!, und einem breiten Streifen mit edlen Flachdächern, dunkel, Holz und Metall, war eine Industrieruine stehengeblieben aus den Zeiten, als die Stadt noch produzierte. Auf die Jugend ist Verlaß, der Zaun war aufgeknipst hinter einem Hagebuttenstrauch, und durch kniehohes Gras streifte man zwischen die Bäume und niederen Backsteinbaracken, und dann sah man die Halle: Zwischen zwei Reihen riesenhafter Pappeln ragte die Maschinenhalle auf als Gerippe vor der Lichtglocke der Stadt, durchleuchtet, filigran, und überall Laub und Gras und Blätter. Seit der Revolution, sagte Marie traurig, pflegt niemand mehr die Grabstätte, sie steht vergessen hinter diesem Zaun in einem langsam wütenden Garten, schon drängen sich die Bäume heran. Keinen Schritt näher wagten wir, vorsichtig und schweigend zogen wir uns Fuß hinter Fuß zurück, als stünde ein grimmiger Wächter im Gegenlicht und wiese uns stumm hinaus.

Das war die Sorte Sachen, die man mit Marie erlebte.“

[Das hier sind nur vier]

Link | 19. Juli 2006, 17 Uhr 21


Erzählen, das macht man sich ja selten klar, ist heutzutage schon an sich ein sehr artifizieller Vorgang. Ich kann mich an meinen großen Respekt vor dem Präteritum erinnern vor einigen Jahren, ich mied es wie einen verbotenen Teil des Gartens, jedes Verb im Imperfekt war eine kleine Sünde, eine Überschreitung auf das Gebiet der Kunst, wo ich nichts verloren hatte. Man gewöhnt sich daran und daran, nicht darüber nachzudenken, daß das wie Kunstwollen klingen muß in fremden Köpfen, was man da macht. Aber sich dieses Gefälle zwischen dem fremden Klang einer Erzählstimme und der erdrückend vertrauten Macht nicht-erzählender Sprache klar zu machen, hilft bei einem milden Urteil über diejenigen, die sich doch am Imperfekt versuchen.

Link | 18. Juli 2006, 13 Uhr 26 | Kommentare (5)


Gewitter, als ich in München ankomme, gewaltige Regenmengen, Blitze durch die getönte Zugscheibe; aber es ist ein Gewitter ohne den Schrecken ländlicher Unwetter, ein Business-Gewitter, das mir höchstens nahelegt, ein Taxi zu nehmen, um nicht zu spät zu kommen.

Statt dessen kaufe ich mir einen Regenschirm und sprinte zu Fuß und im Regen in die Maxvorstadt, Pinakotheken und Parks am Weg, wenigstens das. Ich bin mir selbst zu schnell, das ist schon wieder nur das Moritz-von-Uslar-München. Das Reitz-München oder und das Amon-Düül-München, Städte, die hier verschüttet liegen müssten, habe ich nie entdeckt in den kurzen Aufenthalten.

Heute, auf dem Dorf im Schwäbischen, Gewitter; ein fruchtloses Gewitter, es fährt nur einmal dem Mais durchs Haar und hält dann die Luft an, seither liegt es über dem Tal und lauert und man kann sich kaum rühren, geladen in Schläfrigkeit und Schwäche.

[Landschaft ohne Geheimnisse]

Link | 14. Juli 2006, 15 Uhr 31


44.497 Zeichen: Am Dienstag, den 11. Juli lesen also Thiel, Windheuser und ich in Bayreuth vor. Kommen Sie mit! Es ist Sommer und schön in Bayreuth; sie haben dort lichtes Laub und Ruhe und seltsame gelbe Kuppeln auf den Ecken der Verkehrsinseln.

Falls Sie nicht kommen können, aber gerne hingefahren wären: Die hier machen „ziemlich sicher“ einen Webcast.

Link | 9. Juli 2006, 11 Uhr 10 | Kommentare (4)


Nachtrag. (Vorsicht, uncooler Altherrencontent.) Dinge, die ich über die Liebe wusste und trotzdem lernen musste: Vergessen kann man vergessen.

Ich muß mich nicht frei machen von dem Wissen, daß das alles schon einmal da war, ich muß es umarmen. Der Versuch, sich frei zu machen, endet böse, es gibt nur den Stier und die Hörner und was man tun muß damit.

Denn es ist eben nicht so, daß Zeit zu neutralisieren wäre, man kann sie nicht loslösen von der Frau, mit der man sie verbracht hat, es ist nicht so, daß die Frauen nur dabei gewesen wären, selbst wenn sie nur dabei gewesen sind. Es führt kein Weg daran vorbei, diese Zeit wie sie ist mit ins weitere Leben zu nehmen. Die Idee, daß die verzauberte Alt-Zeit mit den gegenwärtigen Leidenschaften in Konkurrenz um irgend ein überzeitliches Ding träte, das ist das Übel.

Das zu begreifen ist eine Bildungs-, keine Lernaufgabe, es genügt nicht, es zu wissen. Man muß sich selbst über diese Kante stoßen, in eine neue Geschichte hineingehen zu können mit den alten im Gepäck. Daß es eine Möglichkeit gibt, ohne Verrat an sich selbst oder den Frauen eine andere zu lieben, ist nicht offensichtlich und ja auch ohnehin ein Skandal. Es dauert, bis man ein Gefühl dafür entwickelt hat, wie es geht. Ich sage es Ihnen, aber es wird Ihnen nichts nützen, falls Sie’s nicht eh schon können.

1. Accept loss. Forever.
2. Nichts vergessen. Aufheben, mitbringen, nie drüber reden.
3. Die Verlorenen weiterlieben. In der Vergangenheit und überhaupt. Umdeutung ist feige, respektlos und häßlich, Fledderei.

[Klärung, Löschung, Tilgung, Vergessen, Faschistenquatsch.]

Es ist keine Schande, zu scheitern und nicht für immer bitter zu werden darüber, man wird nicht schon zum Lebensabschnittsgefährtenarsch von der Fähigkeit zur Neu-Begeisterung für fremden Geist; man braucht ja diese Menschen wie nichts sonst; man muß sich nicht einmal schämen dafür.

[Wir werden ohne Träume sein]

Link | 9. Juli 2006, 1 Uhr 48


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