Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Christian Kracht, Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten. Lassen Sie mich zunächst von der Schönheit dieses Buches sprechen. Der Schutzumschlag zeigt eine alte Karte Afrikas in wunderbaren Farben, der Titel ist ein Versprechen, uns gegeben, und aufgeschlagen entsteigt dem Buch das vielstimmig sonore Brummen der Luftschiffmotoren.

Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten ist, ganz ohne Brüche, ein Werk der Phantastik. (Was ein Kritiker der Süddeutschen als Albernheit zu erkennen glaubte, ist nur seine eigene Unvertrautheit mit der Schönheit der Luftschiffe.) Das Buch steht, auch humoristisch, viel eher in der Tradition des von mir so geliebten Paul Scheerbart als in der bescheidwisserischen Pflicht der Jünger Susan Sontags.

Christian Kracht hat ein weiteres Buch über die Müdigkeit geschrieben, über die Sehnsucht nach dem Ende der Herrschaft der Ideen. Ein drittes Transzendenzbuch: Nach der Transzendierung der Zeichensysteme des Konsums und des Ästhetizismus nun der Ausgang aus dem Politischen. Die Umkehrung vertrauter Verhältnisse zeigt in Ich werde hier sein nicht nur die Vertrautheit des Vertrauten, sondern seine Kontingenz. Europa, als Reich der Herrschaft des Geistes, löst sich auf in Krachts Büchern, als Heimat, aus der wir alle (der Autor und wir) kommen und an der wir hängen, aber auch als ungeheure Last, die wir zu tragen hatten, die wir stemmen mussten: Als die unmenschleiche Anstrengung des europäischen Menschen, nichts falsches zu denken. Am Ende dürfen Krachts Helden immer loslassen und sich ihrer Schwäche hingeben, ihren dunklen Sehnsüchten weit unterhalb der Geschichte.

Link | 5. Oktober 2008, 15 Uhr 26 | Kommentare (1)


Ein Kommentar


Diese schwindelerregende Verlockung des Gedankens, einfach alles loszulassen, die Muskeln zu entspannen, und dann ins Bodenlose zu fallen. Die Vorstellung, dass der Fall ein Flug, und der Flug großartig sei.

Die besten Sekunden des Lebens. Hierfür Bilder zu finden, beneidenswert. Und schön, dass es einer kann.

Kommentar by Modeste | 22:05