Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Schleichende Bewegungen am Blickfeldrand, allerorten: Die leere Wohnung in einer Stadt unter samtener Riesenfaust; halbdunkle Möbel, die sich nicht rühren und Licht, das die Oberflächen der Dinge nicht anfasst, nur Schlieren in die Scheiben zieht. Die rauschende Reglosigkeit der zwei gläsernen Prismen an ihren Bindfäden.

Ein paar Worte, die ich, anerkennend, in der Wohnung lasse, hallen für den Rest des Abends in den Räumen herum, sehr leise und immer leiser, infinitesimal, aber rastlos. Die Tür fällt aufbrüllend ins Schloß, das Treppenhaus nimmt den Laut auf, rumpelnd fährt er in den Keller und pfeifend zum Schornstein hinaus; und dann übernimmt mein Rückgrat die Kontrolle: Die Trägheit des Tages bleibt in den Beinen, aber der Rücken surrt, erst recht, als der Wind, der schon kühler wird, mit dem Straßenstaub knistert: Kleine Körnchen scheuern einen Veitstanz über die brownsche Stille.

Die Züge dann: Brausen durch den Bahnhof mit blauen Tentakeln ins Dickicht; die halten hier nicht, die zischen hier raus, die haben es eilig, die sind aus beschleunigtem Stahl. Doppelt so laut. Mit gleißender Korona alle Kontraste: Schmiedeeiserne Pfeiler halten mühsam ein sehr schweres Dach, dazwischen lungert noch Licht herum, das längst keine Lust mehr hat. Am Potsdamer Platz (natürlich): Tempo, tempo! Alles zu langsam und die Arkaden, wo es das Eis gibt, noch unerträglicher als sonst in ihrer Ahnungslosigkeit: Blick auf H&M und Menschen, die eben auch ein Eis essen wollen, sonst aber nicht einzuordnen sind.

(Arkaden: Abweisende Oberflächen? Dabei sind die Dinge draußen weich wie Butter, jeder Blick dringt durch.)

Dann aber, schnell: Das debis-Logo, grünes Kastengebilde, debis gehört jetzt den rosanen, falls das noch stimmt. Das PwC-Logo, die gehören jetzt IBM, beziehungsweise sie sind jetzt die IBM, die andere IBM. Der Sony-Tower heißt jetzt Bahn-Tower und strahlt leere Büroslots in die Nacht, immer Büros, Mensch Mensch Mensch noch ein Mensch, was er wohl macht, wenn er mal da ist, weil gerade Tag ist? Und Sony hat die Zentrale nach London undsoweiter. Die Philharmonie grinst sich einen und die Staatsbibliothek nicht einmal das, die kauert sich nur auf ihren fetten Bücherbauch. Sanofi synthelabo gehört jetzt Aventis. Die arme alte Architektur hat einen Logoquatsch von einem Systemhaus auf den Kopf bekommen, und dann war das Logo plötzlich sinnlos und der Turm immer noch da. Wechsel auch du dich, Bäumchen im Eingang dieses Hotels, dessen Lobby das Wort „Staubsauger“ raunt.

Noch lange nach dem Krach endlich, der all die sichersten Autos der Welt aus ihrer anorganischen Trägheit riß, sodaß sie straßauf, straßab erschrocken zu hupen begannen und blinkten und ihre rotköpfigen Kohlenstoffe aus den Häusern springen ließen; lange nach dem Krach und dem Wegwaschen der Koronen in die selten verwöhnten Gullis, lange noch streckte die Kühle nur vorsichtig zarte Finger durch die Vorhänge; immer zuckte sie ehrfürchtig vor dem Bild zurück, das sich dort im blauen Flackern bot. (Haut, Decke und die besondere Selbstvergessenheit gerade unruhigen Schlafes.)

[Es bemerken. Mit – dem – Rücken – mark. Diese Sorte Realitäten für eine Weile den Alltagskleinheiten vorziehen. Sommerabendluxus.]

[[Übrigens war hier nichts weiter los als eine Providerschlamperei.]]

Link | 31. Mai 2005, 0 Uhr 31 | Kommentare (1)


Ein Kommentar


trotzdem schön, dass sie wieder da sind.

Kommentar by cato | 14:41