In kalten Ostböen ins Laub, das noch grün ist und silbrige Bäuche zeigt. Die S-Bahn-Züge leuchten abends schon und schleichen vorbei; Parade der Elenden. Eine Lederjacke mit Nieten macht mich grinsen, die Bahn liefert passendes Begleitrumpeln; Zeitbogen. Dann Bahnsteiggischt, eingebrannte Bilder von zarten Gesichtern unter dicken Kopfhörern.
Matratzenläden in tapferen Backsteinruinen, die an solchen Abenden doch so tun, als gehöre ihnen die Stadt noch, ihnen und den naßgeregneten Bunkerwänden. Zerzauste Menschen, schön in ihrer offenbaren Planlosigkeit und ihrem ratlosen Willen, irgendwo nicht dazuzugehören, wozu ich vermutlich gehöre und es doch auch nicht will. Wir wissen schließlich alle nicht so genau, wie das hier geht, wir sind ja alle vor allem jung.
Putzig: Die Gewissheiten derer, die darauf bestehen, von oben draufzuschauen, sich nicht in unserem Gewusel sehen, weil sie Wissen und Methode behaupten, Konzepte, Bio-Technologie, die man ihnen nicht abnehmen sollte, die nur Posen der Macht oder der Selbstbehauptung sind. Sie übersehen die Wasserspuren auf dem Beton ebenso wie die Geschmacksabhängigkeit ihrer eigenen Urteile; die sie nie zugeben würden, weil sie an Wahrheit ohne Geschmack glauben; eine Haltung, die ebenso ehrenhaft wie verdächtig bleibt.
Das freut, das freut ungemein: die schwirrend schnell angefetzte Gitarre im Ohr und die kalte Unordnung in der Frisur, während die Böen sich umsehen. Der momentan aufkommenden Ihr-Penner-habt-doch-alle-keine-Ahnung-Gewissheit kann jedenfalls die überall lungernde künstliche Griesgrämigkeit nichts anhaben, der allzu Brazil-artig grassierende Terrorquatsch und die weinerliche Krisenstimmung nicht, auch die vielen erbärmlichen Plakate mit Stimmzettel-Thema nicht, nicht einmal die stumpfe Witzigkeit eines DIE-PARTEI-Spots vor den Tagesthemen.