Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Also nehmen wir für einen Moment an, es sei etwas dran an Sebalds Wort von der im Gleichmaß mit der Proliferation des Informationswesens fortschreitenden Auflösung unserer Erinnerungsfähigkeit, nehmen wir weiter an, Dietmar Dath habe, wie es vorkommt, Gründe, wenn er hinsichtlich des Zustands der historisch ja unbestreitbaren Beziehung zwischen Dichtung und bürgerlicher Weltgestaltung die Frage stellt, ob ein Bürgertum soweit herunterkommen kann, daß es nicht einmal mehr imstande ist, damit noch etwas für sich zu reissen — weil es diese Dichter nicht mehr versteht! die für es gearbeitet haben. Nehmen wir an, das ja in diesem Zusammenhang nicht nur von offenbar Peter Hacks, sondern prominent auch von Umberto Eco antizipierte Neue Mittelalter sei eine strukturelle Möglichkeit, die in der Gegenwart angelegt wäre, und stellen wir fest, daß all dies vor zehn, zwanzig oder mehr Jahren schon gedacht wurde immer unter diesen sozusagen umgekehrten Vorzeichen, die sich im Augenblick ja ausprägen: Wie sähe denn ein Kloster in diesem neuen Mittelalter aus?
Es müsste ja, so scheint es, nicht die Schrift bewahren, die sich diesmal selbst bewahrt und überall hin kopiert in ihrer digitalen Ubiquität, es müsste die Leser bewahren, ihre Lesefähigkeit hinter Mauern verstecken und ihre Empfindlichkeit schützen vor den barbarisch draußen wütenden Mechanismen der Gewalt.

[nb: Für die genannten Sozialisten, die das Mittelalter durch die Brille der Aufklärung lesen, erscheint es bekanntlich dunkler als es gewesen sein muß — aber was hell war an ihm, soviel kann man vielleicht sagen, war selten draußen.]

[Auch: Wie alt die im Publikum dieses Vortrags alle sind.]

Link | 17. Oktober 2011, 0 Uhr 39