Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Konfiguration eins: Eine von Knappheit und Endlichkeit bestimmte Welt, in der Ressourcen eingemümmelt und unter schützender Hand bewahrt werden. Durch kleine Luken schaut ein zentriertes und festgesetztes Subjekt hinaus in die feindliche Welt, in die die einmal eingesammelte Energie sich nicht verströmen soll. Ein Leben im Akkumulator.

Konfiguration zwei: Eine Überflußwelt, die offen bleibt und frei tauscht. Energie fließt zwischen Außen- und Innenräumen hin und her und wechselt dabei die Form. Drin oder draußen sind Möglichkeiten zur Auswahl, das Subjekt strahlt in die Umwelt ab, Leben als Flamme.

Der Akkumulatortypus bestimmt die Zehnerjahre natürlich vollständig, eingeübt worden ist das Muster über Jahre beim Likesammeln, und jetzt wird es baugeschichtlich befestigt: Wie werden wir kopfschüttelnd auf diese dichten Häuser schauen, wenn der Überfluß ideologisch und de facto zurückkehrt.

Das Nachdenken darüber, was alles ganz anders sein könnte erinnert sich an die Flammjahre und den Menschentypus, der möglich war in Vigilien-historischer Zeit: Intensive Empfinder, die sich still und hell zu uns gesellten und in gar nicht mehr vorstellbarer Großzügigkeit aufmerksam waren.

Link | 21. Oktober 2019, 0 Uhr 30 | Kommentare (6)


6 Comments


Schön formuliert (vom Zeremonienmeister des Einmümmelns).

Kommentar by Eiseisbaby | 22:45




Es könnte sich allerdings auch um eine Generationenwahrnehmung handeln. Wie aufmerksam, still und intensiv manche junge Leute empfinden, bekomme ich möglicherweise gar nicht mehr mit und sehe nur die Panik.

Kommentar by froschfilm | 12:13




Interessant, Herr Froschfilm. Ich hatte (im Gegensatz zu Ihnen) keinerlei Jugendassoziationen bei den Worten des Erzherzogs. [betretene Pause] Und die „jungen Leute“ so: #okboomer

Kommentar by Eiseisbaby | 13:07




Passend hierzu ein interessantes Interview mit Volkwin Mark: „Was sich hier im Zentrum unseres Landes offenbart, ist nicht zuletzt das restaurative Lebensgefühl unserer Gesellschaft, die nur vor einem die meiste Angst hat, verwirrt von den kulturrevolutionären Erschütterungen in Vergangenheit und Gegenwart – und das ist die Zukunft.“

https://www.zeit.de/wissen/2019-10/volkwin-marg-architekt-nachwendezeit/

Kommentar by Eiseisbaby | 9:05




Die Knappheit ist in einem Universum, in dem der zweite Hauptsatz der Thermodynamik gilt, die Grundbedingung für alle Lebewesen.

Kommentar by Solminore | 12:25




Das wäre wahr, wenn die Lebenwesen im flachen Unendlichen leben würden. Aber die Thermodynamik hat wie alles andere in diesem noch jungen Universum noch Verdickungszonen, und die Lebewesen auf diesem Planeten leben in direkter Nachbarschaft einer gleißenden immerwährenden Verschwendung: Der nach ihren lokalen Maßstäben endlose solare Energieeintrag begründet einen unfassbaren Überfluß.

Daß der unstet ist, lockt die Intelligenz aus den Wurzeln: Dafür ist die da, den Überfluß in die Winternächte zu retten. Ist das gelungen, ist der Rest Verteilung und Gönnen.

Kommentar by spalanzani | 22:58