Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Und gleich gehe ich Hochbahnfahren, dahin, wo mich keiner kennt, aber das Laub schon von den Bäumen will. Wo es nach Gummi und Leuten riecht und ich dem Zausel wieder keine Zeitung abkaufe. Ich fahre ins mythische Land der verzweifelten Moderne, durch die verwürsteten Felder des Müßiggangs, die Ruinen der großen Hoffnungen des 20. Jahrhunderts, ich werde leicht frieren im Wind und mit niemandem sprechen, das Licht wird unter die Wolken schlüpfen.

[Schon wieder Sehnsucht nach Westberlin]

Link | 16. August 2006, 11 Uhr 32


Was für tolle Typen.

[Weblogs oder die letzte Möglichkeit zu hemmungslosem Neid auf anderer Leute echte & ehrliche Gescheitheit.]

Link | 16. August 2006, 11 Uhr 24


Und Du wartest, auf irgendwas.

[Wirklich.]

Link | 16. August 2006, 11 Uhr 16


Eine Existenz an einer Hochbahn, die U-Bahn heißt; kommt Zeit, kommt Rat, kommt Vater Staat; Brandflecken im Küchentisch und der weinrote, etwas zu große Strickpullover hat auch Löcher; im Herbst geht man Abends nochmal raus, am Kanal entlang durch den Nebel, rutscht aus im nassen Laub und flucht; ein Döner am Bistrotisch, zu Hause Bücher in allen Ecken, wenn Vater Staat das wüsste.

Eine Existenz in einem Bungalow mit flachem Dach und dunklen Hölzern. Blick durch große Gläser hinaus auf alte Bäume. Ein Sessel zum Lesen. Wenn man aufsteht und das Buch in die Dämmerung legt, kann man ein paar Schritte durch die Leere gehen, richtige, samtweiche Leere, und dann ein Licht anknipsen, das die dunklen Hölzer lebendig macht. Mit beiden Händen in den Taschen am Küchentisch lehnen, während die Nudeln kochen, leise Freude an den Sachen.

[Können muß man beides, und das kann man auch verlangen von Menschen, daß sie beides könnten.]

Link | 16. August 2006, 9 Uhr 41 | Kommentare (2)


Zum Libanon sage ich nichts, aber ich erwähne doch, daß ich nichts dazu sage. Alles, was mir einfiele, wäre meine übliche, altmännerhafte Mahnung, sich nicht zum ideologischen Kombattanten zu machen und sehr langsam zu urteilen.

Denn erstens sind wir Mitteleuropäer. Unser Gezänk um die den Schußwaffengebrauch moralischmachende Opferrolle interessiert den Krieg nicht. Wenn ich die Geschichte nicht mißdeute, kämpfen dort Männer mit Waffen um Land und Ehre. Das ist uns längst fremd, wir wollen Moral. Schon die politische Realität eines Krieges als an sich politische, daß er also eben nicht moralisch bewertbar, sondern wirklich ist, ein ebenso folgerichtiger wie unfallhafter Ausgleich von Interessen, ist uns eigentlich unverständlich.

Zweitens soll man bewussten Eskalationen (gleich wer sie wollte) nicht folgen; nicht, wenn man das Privileg hat, das zu können, weil man selbst unbeteiligt ist. Nicht wissen zu müssen, wer Schuld hat, ist ein Privileg, kein Mangel aus Unmündigkeit: Man muß keine der Seiten hassen lernen, man kann unbeteiligt bleiben. Das ist gut, weil die Wirklichkeit sich nicht um Gesinnung schert: Niemand wird vor seinen Schöpfer treten und verantworten müssen, nicht die eine oder andere Seite gewählt zu haben, während er in Europa saß und keinen Sohn verlor. Der ideologische proxy-war der Solidarischen und Verdammer wird nur eine einzige Folge haben: Die Verselbständigung seiner selbst und damit der Feindbilder. Man kann zuschauen Monat für Monat, wie Der Arabische Mensch neu konstruiert wird als maximal Anderer: Die einen projizieren den moralisch sattelfesten, vor-politischen und vor-modernen Freiheitskämpfer, den es im Dickicht des undurchschaubaren Europa nicht mehr geben kann und nach dessen unterkomplexer Existenzform sich die jungen Partisanenseelen des alten Kontinents so sehnen; die anderen den unsichtbaren maximalbösen Alien-Feind, gegen den die ebenso unsichtbaren Sky Marshals die Herrschaft der Herrschenden ausspielen als Verteidiger der Freiheit oder einfach (ehrlicher und also seltener) kurzerhand des Wohlstandes.

[Beiträge zu einem Lehrbuch der Hochstapelei]

Link | 16. August 2006, 0 Uhr 21


Toll wäre (und ich gebe zu, daß der Gedanke naheliegend ist): Günter Grass ist sein Dasein als sogenannte moralische Instanz leid, eines Nachts beim Rotwein hat er eine Idee, er ist ein Dichter, er dichtet den Flakhelfer um. Seine Autobiographie verkauft sich nochmal doppelt so gut, das nimmt er in Kauf, weil er nichts mehr davon hat und Steidl kann noch mehr junge Photographen drucken mit Grassgeld. Er hat nichts mehr zu verlieren und nichts mehr zu gewinnen, er ist nicht mehr bedrohbar, mit dem Nobelpreis, mit 80. Er denkt sich: Will ich doch mal sehen, wer dann die Ehrenbürgerschaft zurückfordert, und dann macht er es und ist fortan keine Instanz mehr, eine Befreiung, und seine Freunde bekommt er auch sortiert, und er ist absolut sicher, daß nie einer erfahren wird, daß er nur Flakhelfer war.

Link | 15. August 2006, 22 Uhr 28 | Kommentare (1)


Angenehme Umstände an Orten, an denen man sie eher nicht erwartet, Sonderausgabe Stralsund: bei Olymp & Hades. Nehmen sie zwei Frauen mit, die abwechselnd dieselbe Kabine benutzen. Setzen Sie sich daneben, mit der langen Jacke in den geblümten Sessel und die Beine übergeschlagen, so. Genießen Sie, lässig in den Schultern und mit angehobener linker Braue, die ausgezeichnet gute Housemusik. Denken Sie darüber nach, ob Olymp & Hades die wohl zentral auswählt, in einem Pariser Keller vielleicht, oder ob es ausgerechnet beim Stralsunder Verkaufspersonal einen gibt mit Geschmack, und ob also Hoffnung ist für Europa. Schauen Sie in den kleinen, aber echten Jugenstilhimmel mit all den Figuren, gleich über den Neonröhrensternen. (Vergessen Sie nicht, auch ab und zu einen Blick auf die Kleidung der Frauen zu werfen und ein Urteil abzugeben oder eine Empfehlung, falls Ihnen das gestattet wird.) Gehen Sie dann hinaus in den verregneten Abend; kaufen Sie selbst auf keinen Fall etwas.

Link | 14. August 2006, 22 Uhr 25 | Kommentare (4)


Die Globalisierung des Fremden

Link | 8. August 2006, 21 Uhr 10


flux kodak braniff flux

Link | 6. August 2006, 0 Uhr 40


Und tatsächlich ist heißer Dreck vermutlich das Einzige, was der corporate reality entgegenzusetzen ist.

(Nicht Nettigkeit oder Menschlichkeit, das ist ein sicherer Irrtum.)

Link | 6. August 2006, 0 Uhr 16


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