Vigilien

is there any any? nowhere known some?

„Valentino, sein nie anerkannter Sohn, sorgte in jungen Jahren selbst für gehörige Aufregung bei den Damen vor Ort, die ihm, je nach Alter und Veranlagung, heißherzig und auf Lockenspitzen kauend, oder nur in einer schüchternen Aufwärtsbewegung beim Spaziergang, ausgiebig vielversprechende Blicke zugedeihen ließen. Nun gehörte er nicht zu der Sorte Menschen, die das Gottesgeschenk eines aufregenden Kinns leichtfertig an eine frühe oder treue Ehe verschwendet hätten, und so stiftete er im Lauf seines jugendlichen Lebens nicht nur Verwirrung und Tränen, sondern auch wenigstens drei Ehen zwischen rosigen, schwarzgelockten Töchtern des hiesigen Großbürgertums und kugelrunden Kaufleuten; sehr glückliche Ehen, wie man annehmen muß, denn sie begannen mit ganz unerwarteten Verliebtheiten und waren mit kräftigem und gesundem Nachwuchs gesegnet, knapp vor der Zeit.

Einige unernste Ehrenhändel überstand er glücklich, unbeschadet und ohne sich zum Mörder gemacht zu haben, doch als er sich zu Beginn seines einunddreissigsten Lebensjahres einem gewissen Francis Ledetton gegenübersah, einem ältlichen expatriierten Engländer, den er eigentlich mochte, und für einen Moment befürchten musste, ihn versehentlich erschossen zu haben, verdichtete sich sein Verdacht, daß dieses Leben, würde es im bisherigen Stile weitergeführt, seinen Vorstellungen von herrschaftlicher Leichtigkeit nicht mehr dauerhaft genügen würde. Seine Sicherheit hatte ihn verlassen über der Kimme; ein kurzer Zweifel, der tödlich hätte sein können für den armen knochigen Burschen vor ihm — ein Vorbote des Alters, dieser Zweifel, und ein untrügliches Zeichen für beginnende Besonnenheit. Wo die sich einmal festgesetzt hatte, das war ihm wohl klar, war es vorbei mit einem Leben, das von selbst glückte und sogar auf der Spur der Verwüstung, die es hinterließ, immer schnellwachsende Blumen auszusäen verstand.

Er fand sich also eines Morgens, zurückgekehrt von einer verfluchten feuchten Lichtung, mit vollgepumpten Fingerspitzen und einem ganz neuen Gefühl in den Knien, frierend in einem Sessel am eilig befeuerten Kamin wieder und versuchte herauszufinden, wie er es in Zukunft fertig bringen sollte, verheißene Freuden zu verschmähen. Nach einer Weile entkorkte er eine Flasche Wein, rückte den Sessel ins Licht und begann sein rechtes Ohr zu massieren.

Drei Sommertage nacheinander saß er am Fenster, in dessen säulenumrahmtem Bildausschnitt zweieinhalb dunkle Buchen von einem launischen Landregen mit aufbrausenden, kalten Schauern beworfen wurden und ehelichte im Monat darauf eine rosige und schwarzgelockte Bürgertochter, die ihn, unbetrogen, wie er, schon schwächlich, schwor, in seinem zweiundachtzigsten Lebensjahr unter viel rührenden Altfrauentränen begrub.

Buchen im Regen können bekanntlich einen seltsamen Eindruck hinterlassen.

[hehe]

Link | 15. Februar 2006, 0 Uhr 47 | Kommentare (1)


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Woher?

Kommentar by froschfilm | 10:27