Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Zum Libanon sage ich nichts, aber ich erwähne doch, daß ich nichts dazu sage. Alles, was mir einfiele, wäre meine übliche, altmännerhafte Mahnung, sich nicht zum ideologischen Kombattanten zu machen und sehr langsam zu urteilen.

Denn erstens sind wir Mitteleuropäer. Unser Gezänk um die den Schußwaffengebrauch moralischmachende Opferrolle interessiert den Krieg nicht. Wenn ich die Geschichte nicht mißdeute, kämpfen dort Männer mit Waffen um Land und Ehre. Das ist uns längst fremd, wir wollen Moral. Schon die politische Realität eines Krieges als an sich politische, daß er also eben nicht moralisch bewertbar, sondern wirklich ist, ein ebenso folgerichtiger wie unfallhafter Ausgleich von Interessen, ist uns eigentlich unverständlich.

Zweitens soll man bewussten Eskalationen (gleich wer sie wollte) nicht folgen; nicht, wenn man das Privileg hat, das zu können, weil man selbst unbeteiligt ist. Nicht wissen zu müssen, wer Schuld hat, ist ein Privileg, kein Mangel aus Unmündigkeit: Man muß keine der Seiten hassen lernen, man kann unbeteiligt bleiben. Das ist gut, weil die Wirklichkeit sich nicht um Gesinnung schert: Niemand wird vor seinen Schöpfer treten und verantworten müssen, nicht die eine oder andere Seite gewählt zu haben, während er in Europa saß und keinen Sohn verlor. Der ideologische proxy-war der Solidarischen und Verdammer wird nur eine einzige Folge haben: Die Verselbständigung seiner selbst und damit der Feindbilder. Man kann zuschauen Monat für Monat, wie Der Arabische Mensch neu konstruiert wird als maximal Anderer: Die einen projizieren den moralisch sattelfesten, vor-politischen und vor-modernen Freiheitskämpfer, den es im Dickicht des undurchschaubaren Europa nicht mehr geben kann und nach dessen unterkomplexer Existenzform sich die jungen Partisanenseelen des alten Kontinents so sehnen; die anderen den unsichtbaren maximalbösen Alien-Feind, gegen den die ebenso unsichtbaren Sky Marshals die Herrschaft der Herrschenden ausspielen als Verteidiger der Freiheit oder einfach (ehrlicher und also seltener) kurzerhand des Wohlstandes.

[Beiträge zu einem Lehrbuch der Hochstapelei]

Link | 16. August 2006, 0 Uhr 21