Die Kamtschatkakrabbe kann, wenn man sie zu einem Spagat nötigt, von Bein zu Bein bis zu zwei Meter messen und rund zwölf Kilogramm schwer werden. Norwegische Fischer zogen 1977 das erste Exemplar aus skandinavischen Gewässern und glaubten, eine Mutation sehe sie über hektisch bewegte Beiß- und Greifwerkzeuge hinweg an.
Ursprünglich wurde die Kamtschatkakrabbe in den sechziger Jahren von sowjetischen Forschern in der Barentssee angesiedelt, um die Nahrungsmittelversorgung der russischen Flotte im Baltikum zu sichern. Mittlerweile hat sie sich in alle ihr möglichen Richtungen ausgebreitet und ist bis zur Nordspitze der norwegischen Lofoten vorgedrungen. Die geschätzte Population vor der dortigen Küste beläuft sich auf zurzeit 2,6 Millionen Exemplare.
Für die lokale Fischereiindustrie, die unter extremem, in Überfischung begründetem Fischmangel leidet, ist die Kamtschatkakrabbe ein Geschenk. Im Geschmack zwischen Hummer und Garnele liegend, liegt der Erlös pro Kilogramm bei bis zu 63 Euro. 70 bis 80 Prozent des für den restlichen Exportanteil bereits industriell abgekochten und daher rot gefärbten Fangs gehen nach Japan – dorthin allerdings roh. Der Japaner kocht lieber selbst.
Als kleine verwachsene Schwester der marktwirtschaftlichen Begeisterung zeigt sich die Frage nach den ökologischen Folgen der Krustentierwanderungen. Momentan ist nur bekannt, was die Kamtschatkakrabbe auf Muschelbänken anrichtet. Sie frisst sie leer. Und verspeist so die Lebensgrundlage von Seestern, Seegurke oder Wellhornschnecke. Oder isst sie direkt mit. Die Kamtschatkakrabbe nimmt so ziemlich alles zu sich, was am Meeresboden lebt. In ihrem Magen findet man Überreste von Muscheln, Würmern, Algen, Schnecken und mittelgroßen Fischen.
Das macht sie zu einem harten Nahrungskonkurrenten für viele immer seltener werdende Edelfische. Im Vergleich zu diesen kann sie mit relativ geringem Aufwand gefangen werden. Wenn die Bedingungen gut sind, schöpft ein norwegischer Fischerbootbesitzer seine Fangquoten in nur zwei Tagen aus. Man kann die Kamtschatkakrabbe in wenigen Metern Tiefe finden oder in 300 Metern. Auf dem Echolot sieht man sie nicht, weil sie auf dem Meeresboden hocken. Manche sagen, sie sind wie ein Teppich – über den ganzen Boden ausgebreitet.
Ein kategorisches Ausrotten der Kamtschatkakrabbe, wie es Umweltschützer fordern, ist für die Regierung in Oslo keine Option. Zudem ist es fraglich, ob ein solches Vorhaben überhaupt gelingen kann. Es werden nur zehn Prozent einer Population gefangen, die kleinen Kamtschatkakrabben und ihre Larven fallen durch die Netze.
Die gemeinsame Fischereikommission von Norwegen und Russland hat die Fangquote 2006 zum wiederholten Mal verdoppelt. Eine norwegische Firma will die Tiere zukünftig in russischen Fjorden züchten.
Die Kamtschatkakrabbe hat keine natürlichen Feinde.