Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Irgendwo, an einem trockenen braunen Abend in einer Gegend voller Steine und Staub sitzt einer an einem knisternden Funkgerät und bewacht irgendwas. (Propeller oder Insekten manchmal, sonst nur Knistern und das Prasseln von Sand auf leere Ölfässer. Und der Horizont ist eine gezackte Linie wie durch zwei Brillen.) Er sitzt da wirklich. Unfassbar.

Link | 30. Dezember 2004, 18 Uhr 01


Ach, wie elend, ein Meister entzaubert. Schwache Figuren, die, kaum eingeführt und bevor sie jemandem etwas bedeuten können, bei Autounfällen mit lilanen Porsches sterben: Äpfel, Drama, Drama, Krankenhausflur; wütet hier das Erbe der Guldenburgs, oder was? Andererseits, wie passend: Der Verkehrsunfall ist nunmal das wichtigste dramatische Element zeitgenössischer Erzählung, ich bin ja schon dankbar, wenn keine Tankstellen überfallen werden.

Aber ein Krankenhausflur! Bocken nicht Kameras, die etwas auf sich halten, längst beim Linsen in Krankenhausflure, würgen sie dies Bildgeschleim nicht wieder heraus, gallebitter?

Und, schlimmer: Immer wieder Fernsehdeutsch, Drehbuchsprache. Dieser blutleere und gestanzte Jargon, in dem man sich nur zu wortreich und fröhlich begrüßen, hölzern verabschieden und exaltiert verausgaben kann in exakt drei Modi: Streit, Beichte und Antrag; dann aber schnell: Schnitt, Verabschiedung.
Drehbuchsprache: Sätze, die kein Mensch je über die Lippen brächte und doch tägliches Vorabendbrot; eine Sprache für kollektive Konflikthalluzinationen und faserige Geschichten ohne innere Logik. Schade, und doch leider passend, ein Heimatverlust: Eben. Eben: Ein Sprachverlust, ein Geschichtenverlust, eine Verflachung. Ich habe wohl ein Antidotum erwartet, kein Destillat; dabei hätte mir klar sein können, daß gerade der Meister mit dem arbeitet, was er vorfindet; er muß ja, er macht eine Chronik. Schwacher Trost, denn das Ergebnis kann ich unmöglich mögen. (Trotz meines unerschütterlichen Wohlwollens. Denn über die Vorgängerfilme, insbesondere die Münchner, konnte ich nie ein Wort schreiben; es kam nur Unsinn heraus, wenn ich es versuchte, ehrfurchtszittriger, staunender, kniefälliger Unsinn aus heller Begeisterung.)

(Nicht nur too much. Eher richtig unangenehm flach entworfen.)

Link | 20. Dezember 2004, 22 Uhr 03 | Kommentare (1)


Ihnen entgegen nicht nur eisige Wasserstiche und Böen und auf dem Asphalt zischende Reifen [zischend wie reißende Seide], ihnen entgegen kommt auch ein langer Zug von Verdammten, Gesichter mit mehr Alkohol als Blut und Leben darin, ausplatzende knubblige Flächen in denen die Piercings sich nur farblich abheben, maulend die Weiber, aggressiv die Männer unter ihren schwarzen Wollmützen mit Sportfirma. Ihnen entgegen: Wasser und die Elenden auf dem Weg in die neonhelle Halle, wo sie an Regalen vorbeigezogen werden, um tote Hühner zu greifen, fleischige Finger in kalte Kästen zu stecken, breitärschig Schlange zu stehen vor der einzig piependen in der Kassenphalanx.

Link | 17. Dezember 2004, 11 Uhr 39


Das Wort des Jahres ist etc. Von wegen! Lüge!

Dieses Jahr ist es ja nicht einmal ein Wort. Ts, ts. Jämmerlich. Das Wort des Jahres soll, wenn wir denn unbedingt auch noch den Worten die Nikes anziehen müssen, lieber das Wort „Schmutzkatapult“ sein. Ein Wort wie gepfefferte Sahne!

Link | 11. Dezember 2004, 0 Uhr 59


Nackte Platanen und gußeiserne Bänke, verreiste Brunnengeister, frostkrustige Steine und Kinder in warmen Mänteln. Eisgarten.

Link | 10. Dezember 2004, 11 Uhr 11


Trotz all der Größe hinter den Schleiern: Die Ausrottung der Bitterkeit scheint niemandes Ziel.

(Und auf TV5: Fernand Poillon, le romand d’un architecte. Stein und Platanen und Gärten mit Wasser. Klostermauern und Vogelzwitschern. Die Schönheit von Frauen auf Sandstein in schrecklich mahnendem Schwarzweiß.)

Link | 8. Dezember 2004, 20 Uhr 30


Ein Stichwort heißt Ernst. Längst ist der Ernst uns verdächtig; wo er auftaucht, sich nur leis und demutsvoll vorbeischleicht, nehmen die Leute die Wäsche von der Leine und sperren die Kinder zum Lachen in den Keller. Was haben nur alle plötzlich gegen den eigentlich harmlosen, wohlmeinenden Burschen?

Link | 8. Dezember 2004, 16 Uhr 59


Nebenbei: Eben. Es gibt nichts Wahres außerhalb der Geschichten, die ein Mensch sich selbst erzählt. (Natürlich gibt es die Fakten, aber sie sind scheu, schweigsam und treulos.) Das Simulationsargument ist ein fröhlicher Spaß, nicht falsch, aber belanglos: Seine Behauptung einer eigentlichen Realität ist ein philosophentypischer Fehler.

Link | 8. Dezember 2004, 10 Uhr 47


Vielleicht ja gar nicht schlecht. Sich zu diesen Leuten mit seltsamen Frisur*n und Textildiscounterkleidung setzen. (Der schäbig-bahnbiedermoderne Reiz dieser stumpfen roten Brandenburgwürmer, mit fremden Namen hinter den Nummern, auf -ow und -itz.)

Auch: Jetzt notdürftig sauber gemacht, die Unterführung. Es zieht durch, aber wie blödsinnig ist diese Feststellung denn, natürlich zieht es durch. Das war als Kunst gemeint, zwei Wochen zuvor, man sieht noch Reste davon, vor allem am Boden. Ist wieder fast wie vorher, die Unterführung. Notdürftig sauber. Die große Hure. Die große Hure Babylon, darüber kommt man am Ende doch nicht raus, auch über die gelegentliche panische Biberkopfdenke nicht, trotz der Vertrautheit mit Orten, die noch Angst machen konnten vor gar nicht so langer Zeit.

Link | 8. Dezember 2004, 1 Uhr 16 | Kommentare (1)


Panik-Buchkäufe. Aufblitzen unbestimmter Museen, Philharmonien, Opernhäuser. Bäume im Wind, Ruinen und Flußufer. Dinge, von denen ich nichts verstehe. Zuviel Zeit mit diesem Splashscreen. Mangelerscheinungen mal wieder.

Nachtrag: Und Praschlneid, je-des-mal, wenn er das macht.

Link | 7. Dezember 2004, 23 Uhr 43