Vigilien

is there any any? nowhere known some?

Überhaupt: Das Zuhältergrinsen, das sich diese impertinenten Neuwagen leisten, wenn ihre Besitzer sich nähern.

Link | 31. Mai 2005, 19 Uhr 53


…und er griff in die Mottenkiste des Expressionismus, warf beidhändig Abgetragenes über und hinter sich und stieß, wühlend, endlich auf eine Maske aus…

Link | 31. Mai 2005, 19 Uhr 52


Schleichende Bewegungen am Blickfeldrand, allerorten: Die leere Wohnung in einer Stadt unter samtener Riesenfaust; halbdunkle Möbel, die sich nicht rühren und Licht, das die Oberflächen der Dinge nicht anfasst, nur Schlieren in die Scheiben zieht. Die rauschende Reglosigkeit der zwei gläsernen Prismen an ihren Bindfäden.

Ein paar Worte, die ich, anerkennend, in der Wohnung lasse, hallen für den Rest des Abends in den Räumen herum, sehr leise und immer leiser, infinitesimal, aber rastlos. Die Tür fällt aufbrüllend ins Schloß, das Treppenhaus nimmt den Laut auf, rumpelnd fährt er in den Keller und pfeifend zum Schornstein hinaus; und dann übernimmt mein Rückgrat die Kontrolle: Die Trägheit des Tages bleibt in den Beinen, aber der Rücken surrt, erst recht, als der Wind, der schon kühler wird, mit dem Straßenstaub knistert: Kleine Körnchen scheuern einen Veitstanz über die brownsche Stille.

Die Züge dann: Brausen durch den Bahnhof mit blauen Tentakeln ins Dickicht; die halten hier nicht, die zischen hier raus, die haben es eilig, die sind aus beschleunigtem Stahl. Doppelt so laut. Mit gleißender Korona alle Kontraste: Schmiedeeiserne Pfeiler halten mühsam ein sehr schweres Dach, dazwischen lungert noch Licht herum, das längst keine Lust mehr hat. Am Potsdamer Platz (natürlich): Tempo, tempo! Alles zu langsam und die Arkaden, wo es das Eis gibt, noch unerträglicher als sonst in ihrer Ahnungslosigkeit: Blick auf H&M und Menschen, die eben auch ein Eis essen wollen, sonst aber nicht einzuordnen sind.

(Arkaden: Abweisende Oberflächen? Dabei sind die Dinge draußen weich wie Butter, jeder Blick dringt durch.)

Dann aber, schnell: Das debis-Logo, grünes Kastengebilde, debis gehört jetzt den rosanen, falls das noch stimmt. Das PwC-Logo, die gehören jetzt IBM, beziehungsweise sie sind jetzt die IBM, die andere IBM. Der Sony-Tower heißt jetzt Bahn-Tower und strahlt leere Büroslots in die Nacht, immer Büros, Mensch Mensch Mensch noch ein Mensch, was er wohl macht, wenn er mal da ist, weil gerade Tag ist? Und Sony hat die Zentrale nach London undsoweiter. Die Philharmonie grinst sich einen und die Staatsbibliothek nicht einmal das, die kauert sich nur auf ihren fetten Bücherbauch. Sanofi synthelabo gehört jetzt Aventis. Die arme alte Architektur hat einen Logoquatsch von einem Systemhaus auf den Kopf bekommen, und dann war das Logo plötzlich sinnlos und der Turm immer noch da. Wechsel auch du dich, Bäumchen im Eingang dieses Hotels, dessen Lobby das Wort „Staubsauger“ raunt.

Noch lange nach dem Krach endlich, der all die sichersten Autos der Welt aus ihrer anorganischen Trägheit riß, sodaß sie straßauf, straßab erschrocken zu hupen begannen und blinkten und ihre rotköpfigen Kohlenstoffe aus den Häusern springen ließen; lange nach dem Krach und dem Wegwaschen der Koronen in die selten verwöhnten Gullis, lange noch streckte die Kühle nur vorsichtig zarte Finger durch die Vorhänge; immer zuckte sie ehrfürchtig vor dem Bild zurück, das sich dort im blauen Flackern bot. (Haut, Decke und die besondere Selbstvergessenheit gerade unruhigen Schlafes.)

[Es bemerken. Mit – dem – Rücken – mark. Diese Sorte Realitäten für eine Weile den Alltagskleinheiten vorziehen. Sommerabendluxus.]

[[Übrigens war hier nichts weiter los als eine Providerschlamperei.]]

Link | 31. Mai 2005, 0 Uhr 31 | Kommentare (1)


rain shall fall on dried out soil

Link | 30. Mai 2005, 17 Uhr 07


Ah: lustvolles Schweigen.

[Denken Sie, mir fiele nichts ein? Aber es ist Frühling und gestiefelte Frauen stapfen durch Pfützen und strähniges Licht, das von der Sonne schräg unter die kalten Regenwolken geschickt wird. Da hält man doch mal gerne das Maul und staunt.]

Link | 9. Mai 2005, 2 Uhr 13


blogmich verpasst und das Monobloc-Seminar auch. Unverschämter Luxus, den ich mir da leiste, das hätte lustig werden können. Heute dann die Nazis verflucht und die Idioten und die Behelmten und überhaupt diese ganze Komödie schon wieder, die doch nur dazu führt, daß matte junge Herren nicht rechtzeitig nach Hause kommen. Mich aber dann über meinen Spießerärger geärgert.

Überhaupt eine neue Qualität des Überdrusses. Das Kapitalismus-Gewäsch und, ja, der gerade salonfähig gewordene Unwille, sich um korrekte lateinische Pluralbildung zu bemühen. Muß mich beides nicht kümmern, treibt mich aber immer den Eremitenpfahl hoch.

[Und: Was? Kapitalismuskritik? Wetterbenörgelung? Wassertrocknung?]

Die Frage: Warum geht mich das an?, die ja die Frage überhaupt ist, weil man immer sagen müsste: Tut es doch gar nicht, laß sie, du mußt gar nicht entscheiden, ob der aktuelle Niedergang realer ist als der allzeit konstante gefühlte Niedergang. Aber das ist hier heute, also das Material des Denkens, auch Deines Denkens, von morgen früh, also spielt das eine Rolle, muß es wohl. Also müsste man anfangen zu arbeiten daran, nicht nur überdrüssig die Augäpfel an die Frontallappen drücken, sich überlegen, was man machen könnte, um den seiernden unernsten satten Quatsch aufzubrechen, was wohl genug Sprengkraft haben könnte. Wo man mal eine Einsicht plazieren könnte, keine spektakuläre Einsicht, sondern nur eine ganz normale Feldwaldundwieseneinsicht, ein kleines billiges und doch könnte es anders sein als du es denkst, ganz anders.

Einschwingen auf Wirklichkeit. Eine Platte hören, die vom Herbst handelt und nach Herbst klingt: Den Herbst holen. Ein Buch lesen, das von einem Mädchen handelt und eine feine Textur auf die Fingerspitzen legt. Ran an die Wirklichkeit, es ist genug davon da. Theorievernichtung betreiben. Diesem elend dilettantischen Geschwafel richtige… ach was. Wozu.

Link | 9. Mai 2005, 1 Uhr 48