Diese Unlust an der eigenen Regung, ist das eine neue Drehung der Schraube? Und: Ist das nur eine persönliche, eine Altersfrage oder ist es so etwas wie eine, nun ja, Jahrzehntfrage?
Man kann ja nichts anfangen mit dieser Unlust, weil man sich nicht mehr über den Weg traut: Vielleicht stabilisiert sie nur den status quo als wattige Dämpfung, als ein vernünftelndes ach was — oder sie zieht eine wichtige Distanz auf, eine zeitgemäße, kühle Distanz, die ein Schutz ist gegen die fremden Bilder und Urteile, die die Regung auslösen und allerlei Unsinn verlangen.
Der Verdacht ist eben: Daß diese edle Unlust an der eigenen Regung, die zu soviel contenance und Wohlwollen führen soll, nur ein weiteres Mittel der Macht ist, das auf Bescheidung hin wirkt; daß man sich freimachen könnte von dieser Distanz, es unmittelbarer treiben, jeden Ärger zulassen und jede Verliebtheit und jede Begeisterung auch für den miserabelsten Mist, denn so etwas kommt ja vor, und nichts wäre schlechter, nur schneller und heftiger, also: Daß diese Unlust nur das Eis ist, das gebrochen werden müsste für weniger fade und vernunftdiktierte Zustände.
[Wissen Sie, ich weiß das ja nie: Ob ich ein Kind meiner Zeit, ein besonders spießiges Kind meiner Zeit oder überhaupt ein Kind des 19. Jahrhunderts bin. Also, daß ich nie LSD probiert habe, liegt das daran, daß es zur Zeit einfach keins gibt, daß ich spießersozialisiert bin oder daß ich eben lieber schmachtend über Frauenunterarme beim Klavierspiel sinniere? Man kriegt sowas ja nie raus, verdammt.]
[Es spielt natürlich auch überhaupt keine Rolle, eins ist so gut wie das andere, aber eine interessante Information wäre das doch.]