Durch kniehohes Gras zwischen Wintergerste und Raps
aus dem Lahntal herauf auf die erste Waldlinie zu,
die ich vom Wohnzimmer aus sehen kann im Süden,
schritt ich durch die Mittagssonne, ein Ei pellend.
Ich war hineingegangen in die Landschaft vor mir,
hatte die Haustür auf- und zugeklappt wie zuvor,
aber anders als zuvor den Wagen dortgelassen
und war hineingegangen in die Landschaft.
Durch die Lahnauen und über zwei Autobahnen
über die Felder und durch die Waldzungen,
die sich auf den Höhenzügen von Osten und Westen
hineinschieben in die unterwegs unklare Sichtlinie,
ging ich, Dörfer an den Ortsrändern oft streifend,
durch Wohngebiete mit Toskana- und Alpenhäusern,
und durch Wohngebiete mit Resten der Moderne,
wo die Bungalows Kraut in den Einfahrten haben
wo Zementstaub aus den glaslosen Wohnzimmern weht
wo Rolläden schief den Tod der Bewohner bezeugen
und der Generationswechsel vorbereitet wird
von Frankfurter Audis oder schon Arbeitern und Gips.
In den Kernen der Orte sitzen die Kirchen,
die Metzgereien und orthopädischen Schuhgeschäfte,
die hessischen Höfe mit Fachwerk und Toren zur Straße,
und man kann den Asphalt aufheben und findet Geröll,
Kuhmist und Hühner und Kinder mit Stöcken und Vieh,
Särge im Regen, Ochsen im Gerschirr, ein Automobil,
und die Vergangenheit, in der die Menschen in ihren
Landschaften noch herumgegangen sind wie ich,
ist noch da, weil die Wege noch sind, wo sie gewesen,
als die Leute in die Dörfer gekommen sind wie ich,
über die Felder; Rast gemacht haben an den Gehölzen,
oder wo eine kleine Brücke einen der Zuflüsse des
Kleebachs überquert und ein Stein schon lange sitzt.
Die Sichtlinien zur Burg und zum großen Feldberg
verlieren sich und finden sich wieder, verlieren sich
in den Dörfern, die in die Täler gebaut sind,
verlieren sich in den Wiesen, die die Täler flankieren
und finden sich auf den Höhen, vor den Wäldern
oder zwischen Getreiden und Kornblumenstreifen.
Die Jäger warnen vor der Fuchsräude auf roten Schildern
und man hat sie im Verdacht, die Fuchsräude zu erfinden
um die losen Hunde fernzuhalten aus den Revieren;
die Jäger haben prächtige Ansitze gebaut mit Namenstafeln,
und Bänke gestiftet für mich, in ihrer Seniorengruppe.
Holz liegt klafterweise in den Wäldern, Buchen und Fichten,
neongrün markiert mit den geheimnisvollen Zusprechungen
der Forstwirtschaft, frisch geschlagen zuweilen,
jahrelang nicht bewegt manchmal, rätselhaft ist der Forst.
Zeichen des Eigensinns zeigen sich hier und da,
ein Bagger, der ein halbes Jahrhundert alt ist,
rostiger als gelb, auf einem privaten Hügel,
ein LKW-Anhänger auf Reifen noch, aber mit Hühnerklappe,
umscharrt und unbeweglich für immer wohl,
Landmaschinen in verschiedenen Zuständen des Zerfalls.
Und Zeichen der Sauberkeit in den Neubaugebieten,
die die Dörfer in die Hänge hochschicken als Boten
der Gegenwart, weiß und schwarz, Wärmepumpe und Rasen,
und ein Kind, das wortlos aus seinem Gehege herausschaut,
das es mit der Wärmepumpe und dem Rasen teilt,
von den Eltern noch bewacht, die nicht aufschauen
zu dem Mann mit dem weißen Hemd, der aus dem Wald
herausmarschiert kommt in das Dorf hinein, wie lange
keiner gekommen ist aus dem Wald heraus, vielleicht niemals,
denn der Taunusklub hat kein Schild an diesen Weg gesetzt,
und kein Hashtag macht ihn real für die Welt.
Es muß schon einer eine Sichtlinie haben aus Zufall,
zum großen Feldberg von seinem Wohnzimmer,
um hier vorbeizukommen als Pilgerim und Wandersmann.
[Der tiefe Friede, der immer noch herrscht, die Ungestörtheit von alldem]