[ Ich hab heute nacht geträumt, es wär nicht alles egal und wir hätten eine Wahl.]
Gestern Abend im Pan Asia hab ich dann versucht zu erklären, was die deutschen Neokons sind. Angefangen mit: Also, nach neuester Erkenntnis sind das so ungefähr wir. Spargel, Weißwein, Beethoven und Tommy Hilfiger. (Natürlich. Das mit Stussy ist schon herzallerliebst. Ich sag’s ja immer, man muß vor allem Faserland falsch verstanden haben.)
Dann versucht, den Text in der Süddeutschen inhaltlich zu fassen zu kriegen, und: Geht nicht. Steht ja auch drüber. Ist konfus. Also ganz langsam.
Jemand versucht uns in eine Jugenbewegung hineinzustilisieren, weil wir Spargel, Gärten und Beethoven mögen — gut. Langweilig, gebongt, gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen. Nur: Fragen Sie mich lieber nicht nach Familie, Katholizismus oder gar nach der Union. Familie ist ein hübscher Name für die Hölle, wie jeder denkende Mensch weiß, über Katholizismus sollte man gar nicht erst reden, ohne Thomas von Aquin gelesen zu haben und die Union ist eine Riege selbstgefällig grinsender Schweinchen, die so verdammt dankbar sein sollten, daß die anderen konsequent Mist bauen.
Was bleibt? Das Geschmacksproblem mit der SPD. Da sollte man dann darauf hinweisen, daß die Herren Koch und Westerwelle keine Mitglieder sind. Lafontaine und Roth übrigens auch nicht. Also was? Dann das Getue um 68. Meine Güte. Da ist wirklich was dran. Ein Thema! Ein echtes Thema für Literatur und Abarbeitung, daß man sich nicht mit der leisen Wirklichkeit befassen müsse. Ein Feind! Den Krieg konnte man ja nun langsam wirklich nicht mehr aufarbeiten und die Wende hatte wohl etwas mit Bananen und dem die Nationalhymne wimmernden Kohl zu tun, die machte nichts her als Romanstoff und Generationskit. Aber 68! Nun — : Das eigentliche Problem mit den 68ern ist doch, daß sie ausgiebig guten Sex hatten oder zumindest möglicherweise hatten und wir haben statt dessen Sex and the City.
[Autsch, aus, wie sollen wir das verzeihen?]
Und wenn einer aus meiner Alterskohorte oder dieser Golfgeneration da vor uns irgendjemandem Egozentrik und Selbstsucht vorwirft, dann kann ich ihm, weiß der Teufel, wirklich nur schallend ins Gesicht lachen.
Also, belassen wir es bei Gärten, Spargel, Weißwein, Beethoven und dem verdammten Tommy Hilfiger. (Der Gravitation mancher Marken ist eben nicht zu entkommen.) Das sind gute Dinge, dafür dürft ihr uns zur Bewegung erklären.
[Nein, es geht nicht gegen Generation-Irgendwas-Versuche überhaupt. Kann man schon machen, kostet nichts, tut keinem weh, wenn einer einen griffigen Begriff baut: Glückwunsch! Aber die Jugendbewegung, die ich tatsächlich passieren sehe, fängt mit den Unterscheidungen der politischen Öffentlichkeit einfach nichts mehr an. Was sich da formiert, ist weder konservativ noch hedonistisch oder sonstwas aus diesem Sprech, sondern vor allem nüchtern angepisst, ziemlich klug und ziemlich allergisch gegen Journalismus und Politik mit Augenzwinkern. Der Wunsch nach Ernst und Respekt vor Institutionen, die massiv Gewalt ausüben bei ihrer Augenzwinkerei, wirkt dann halt schnell mal konservativ auf Leute, die ihn nicht teilen.]
[Und das Pan Asia: Fühlt sich so heute an und man isst so gut; und dann wird man aber von rotzigen Mitte-Schlonzfrisurbengeln bedient; Schande, ich bin ein Neokon: „He, bleib mal da“ lasse ich mir nur ungern in den Rücken schreien von jemandem, dem ich schon nachlaufen musste, weil er gerade blicklos verschwunden ist, nachdem er einen Teller, aber weder Besteck noch Stäbchen auf den Tisch hat rutschen lassen.]