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zak
Befindlichkeiten


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2006.04.27 | 2:38 pm | Ich >< Welt PERMALINK  |  TRACKBACK
Mikroklima

Es ist verdammt grau draußen, denke ich so vor mich hin, und denke recht selbstreferentiell weiter, so, wie ich (jetzt) natürlich auch schreibe. Beispielsweise, dass man da ja wieder prima verschiedenartige Projektionsspiele vornehmen könnte, mit dem Innen, das auf das Außen und dem Außen, das auf das Innen geworfen, geschmissen oder geklebt wird, oder auch nur mit einem Ich, das man zum Kegeln mitnimmt. Weil Gott ja nicht würfelt. Recht behäbig und possierlich komme ich mir vor, beim Herumpatschen an diesen Gedanken. Wie ein Biber, der ostentativ wegschaut. Natürlich muss ich nur beschäftigt werden, das ist es nämlich, so wie auch der Biber oder jedes andere innere Tier beschäftigt und somit auch befüllt werden muss, mit Vergeistigtem oder mit Spielanleitungen, mit Alkoholischem oder mit Sinn. Denn eigentlich wartet es nur, so wie ich mit ihm, darauf, dass der Rechner, den ich soeben quer über den Campus trug, neu bespielt wird und ich, also wir, ihn wieder mitnehmen können. Zum Arbeiten, oder so. Ähnlich wie damals, als dieser Artikel über den neuen Wellnessbereich des Westin Grande Sukhumvit unbedingt fertig werden musste und natürlich der Strom ausfiel, und es draußen grollte, und der Überspannungsschutz piepte und es so wunderbar nach Regen roch, obwohl doch die Klimaanlage lief. Der kleine Junge mit der Brille konnte auch nicht helfen, und so schrieb ich den Artikel im Internetcafé an der Ecke, bei den Ladyboys und den alten Herren, unter dem Geisterhäuschen, in dem eine Colaflasche stand, neben dem Bügelbrett, auf dem eine Bananenstaude lag. Der Biber hing über meiner Schulter und gab schlechte Ratschläge. Den Überspannungsschutz umgehend. Schweißtropfen und Gedanken sinternd. Seufzend grau und warm.

[...] Yet still, ever after that sorrowful day, whenever the Butcher was by, the Beaver kept looking the opposite way, and appeared unaccountably shy. [...]

Lewis Carroll - The Hunting of the Snark

2006.04.27 | 2:06 pm | Ich >< Welt PERMALINK  |  TRACKBACK
Know your Horst

Ich zitiere nicht nur einen Herrn aus Erfurt, sondern auch einen aus Berlin:

"Ich bin super, echt jetzt."

2006.04.26 | 11:12 am | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Ausblick

Die grünen Felder, in die sich die versteppte Landschaft frisst. Agrikulturelle Maserung. Selbst das Rollfeld ist sandfarben.

2006.04.22 | 2:01 pm | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Mäntel der Haut

Dream Anatomy

[…] Dieser Trieb ist nicht deswegen suspendiert, weil er auf später verschoben oder durch den Schleier konserviert wird, sondern weil er nutzlos geworden ist durch das Bewusstsein, dass die Körper Hüllen und nicht Statuen, Kleider und nicht substantielle Formen sind. Es galt, einen Übergang herzustellen zwischen Leben und Tod, damit der Körper, der Objekt der Sektion ist, in seiner Ununterscheidbarkeit vom Körper, der Objekt der erotischen Aufmerksamkeit ist, gesehen und dargestellt werden kann. Alles bleibt bis zuletzt Gewebe, Kleid. Alles wird zu Staub, aber der Staub ist die letzte Hülle, die alles bedeckt. […]

Mario Perniola – Erotik des Schleiers und Erotik der Bekleidung

2006.04.20 | 7:35 pm | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Things we lost in the fire

Brent Stirton

Teleshopping

[...] Es ist nichts zu loben, nichts zu verdammen, nichts anzuklagen, aber es ist vieles lächerlich, wenn man an den Tod denkt. [...]

Thomas Bernhard - Staatspreisrede 1968

COMMENTS

1 - posted by cato | 2006.04.21 | 8:54 am

things we lost in the fire.
how’d we ever get by?
words will never take back.
hold me closer than that.

2 - posted by zak | 2006.04.21 | 12:02 pm

Das ist echt ein ganz schlimmer Tränendrücker, das. Und schön. Großes „HACH“. Seufz.

3 - posted by cato | 2006.04.21 | 12:07 pm

Jaja, ist es, aber hier wird nicht geheult, sondern gefälligst in den Frühling hinausmarschiert .

4 - posted by zak | 2006.04.21 | 12:09 pm

Hehe, nichts gegen ein wenig gepflegte Melancholie. Außerdem: Das sagen SIE mir?

5 - posted by cato | 2006.04.21 | 2:02 pm

Ich hab die Heulsuse mal in den Urlaub geschickt, aber die kommt schon noch wieder.

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2006.04.20 | 6:37 pm | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Zeitvertreib

Im Goethe-Institut in Bangkok kann man ja prima seine Nachmittage verbringen. Zum Beispiel am Pool. Oder im Garten, an billigen Plastiktischen sitzend. Warum? Weil es dort so herrlich ruhig ist und merkwürdig kolonial. Dunkles Holz, kontrastiert von weiß und grün, ein kleiner Brunnen im Patio. Lustig auch die im selben Gebäude befindliche „Ratsstube“, wo man in abenteuerlich zusammengestellter Innenarchitektur vom deutschen Koch mit Liebe und Heimatschweiß kreierte Gerichte verzehren kann. Was in manchen Momenten durchaus schöne Gefühle erzeugt. Betrunken sein hilft natürlich. Nur Veranstaltungen sollte man meiden, im Goethe-Institut, denn da hilft auch betrunken sein nicht mehr, wie man hört. Höchstens mal eine Kurzfilm-Retrospektive, denn irritierte Regisseure, die sich den Fragen des aus fünf thailändischen Studenten bestehenden Publikums stellen müssen, haben einen ganz eigenen Unterhaltungswert. Viel empfehlenswerter, in jeder Hinsicht, ist natürlich die Alliance Française, und hier besonders das Restaurant, schon alleine wegen des in dieser Form noch nie gesehenen Bon-Systems und im Speziellen wegen der frisch eingeflogenen Backwaren. Tarte aux amandes, mon dieu. Und Jean-Luc Godard in braunen Ledersesseln aus den 70ern. Wir grüßen Michael Brynntrup. Nostalgie, das alles, natürlich, denn in Deutschland ist es kalt. Sagt man nicht mehr, weiß man. Lichterketten in Bäumen haben einen gänzlich anderen Stellenwert, wenn sie von innen, auf der Heizung, und nicht draußen, neben Eingangstüren auf ausrangierten Autositzen mit braunem Bezug sitzend, betrachtet werden. Während im Hintergrund jemand die aus dem Pool gefischten Blätter entsorgt. Die natürlich nicht braun sind. Und hier, durchs Zugfenster betrachtet, bricht kurz die Sonne durch die mehr als grauen Wolken. Orange, dann rosa und schließlich zerfasernd in dunkles Lila. Es beginnt zu schneien, bevor sie versinkt.

Stattdessen aber jetzt, draußen: Tatsächlich Frühling. Man könnte Spatzen schießen gehen, wäre man schlecht gelaunt.

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RATSSTUBE
Goethe Institut
18/1 Soi Ngam Duphli
Sathorn Tai Soi 1
Bangkok
Tel: (66-2) 679 7274

2006.04.17 | 12:29 pm | Ich >< Welt PERMALINK  |  TRACKBACK
Allerseelen

Der Code für die Haustüre lautet 2212, unsere Gastgeberin sagt ihn uns durch die Sprechanlage. Es ist schon dunkel, als wir ankommen; man sieht die schartigen Felswände, die sich hinter dem Dorf erheben, erst auf den zweiten Blick. Ein wenig aber scheinen sie zu leuchten dann, betrachtet man sie genauer. Nur der goldene Stern zwischen den Bergspitzen, über das Tal gespannt von einem Heimkehrenden, im 14. Jahrhundert, einem, der nicht starb, bei den Ungläubigen, verschwindet in der Finsternis, weit oben. Vor dem Fenster lässt der trockene und warme Wind das Holzschild um sich schlagen, irgendwo rauscht Wasser. Die Straßen sind leer und obligatorisch orange belichtet. Wir schneiden Brot auf der Landkarte, trinken Wein und essen Törtchen. Überbrücken die Nacht mit Gesprächen über emotionales Kunsthandwerk und Jorge Luis Borges. Patchwork, Armgarnitur. Haut. Am nächsten Morgen graut erselbst und der Himmel lässt sich fallen. Der schwarzweiße Regenschirm ohne Griff bleibt ungenügend. Erst als es aufklart, erklimmen wir den Kreuzweg. Schnelle Wolken, Zypressen, geschlängelte Linien. In der dunklen Wallfahrtskirche eine Kerze hinzugestellt. Im Beichtstuhl ein Photo gemacht. Frische, feuchte Luft geatmet. Gelächelt. Unumwunden.

[...] Au XVII siècle, ces pèlerinages prirent une forme particulière. On amenait ici les enfants morts-nés, pour les faire ressusciter quelques instants, le temps de les baptiser. Après quoi, il était possible de les faire inhumer religieusement dans l’enceinte du cimetière assurant ainsi le salut à leur âme. [...]

2006.04.12 | 6:07 pm | Gonzo PERMALINK  |  TRACKBACK
Dekoration subversiv

Im Video zur aktuellen US5-Single „Come back to me baby“ ist während einer Szene, in der eine dunkellockige Frau weinend am Fenster steht, im Hintergrund an der Wand hängend das warholsch‘ verfremdete Filmplakat zu „Mann beißt Hund“ zu sehen. Grandios.

2006.04.10 | 5:36 pm | Korrespondenz PERMALINK  |  TRACKBACK
Die Schuhe von Doris Dörrie

[...] Christian erzählte mir, dass hoch über den Messehallen, in denen die Buchmesse stattfand, ganz oben im pyramidenförmigen Glasaufsatz des Frankfurter Messeturms, ein Guru wohne. Der lebe da oben in zweihundert Metern in seiner gläsernen Pyramide und trage nur weiße Sachen. Auch seine Pyramide sei ganz in weißen Möbeln eingerichtet. Der mache seit Jahren schon nichts anderes, außer dort in der Pyramide zu schlafen und zu meditieren, meinte Christian. Ich glaubte damals, dass er das erfunden hatte. [...]

Joachim Bessing - Contrazoom

2006.04.06 | 11:48 am | Ich >< Welt PERMALINK  |  TRACKBACK
Everything is quiet

Dieses großartige Irren, das gar keines ist, schon gar nicht eines zum Zeitvertreib; diese herrliche Unfähigkeit, selbst die kleinsten Dinge des Alltags zu meistern. Jetzt gerade. Der Himmel als immer gleiche Referenz, die mühelos bemüht werden kann. Dieses Blau dort drüben, dieses Weiß. Formbarkeit des Außen. Innen. Spiegelbild, dialektisch. Der Blick hinunter bis zum Hafen, hinauf bis zu den Bergketten, an die sich die Wohnblöcke der Defavorisierten klammern. Ganz nahe bei den zerklüfteten Schluchten, ganz nahe am Auge, an den Handinnenflächen und am Brustkorb. Wir verschränken die Arme und die Welt und vielleicht auch unsere Leben miteinander, zitieren Walter Benjamin in Theorie und Praxis und wenn ich jetzt das Wort „Glück“ verwenden würde, käme mich das bestimmt teuer zu stehen, deshalb denke ich lieber an das ungesagt Gesagte sowie an dessen Verwandtschaft; vertraue auf die Sprachlosigkeit der Zeichen. Palimpseste eines jeden dieser Momente, versteckt in jeder einzelnen Falte unserer Zeit.

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Wenn ich einmal einen Hund hätte, würde ich ihn Eugen Gomringer nennen. Ich würde ihn „Eugen“ rufen, im Alltagsgeschäft, und „Herr Gomringer“, benähme er sich nicht. Welch große Freude doch ein Haustier bringen kann, und sei es nur imaginär. Noch nichts gegessen, heute.

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